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Familie und Filesharing: Der BGH hat ein weiteres Urteil zu Urheberrechtsverletzungen im Familienverbund gesprochen (BGH I ZR 68/16 v. 27. Juli 2017). Man darf wohl getrost von einem „gradlinigen Zickzackkurs“ sprechen, den der erste Zivilsenat des BGH unter seinem Vorsitzenden Richter Wolfgang Büscher bei Beurteilung von Fällen innerhalb der Familie einnimmt.

Die neue Entscheidung ähnelt vom Sachverhalt stark dem Fall, den der BGH in der „Afterlife“ Entscheidung (BGH I ZR 154/15) zu beurteilen hatte:

Der Beklagte hatte hier bestritten, ein „Ego Shooter“ PC Spiel der wohl von rka Rechtsanwälten vertreten Klägerin selber in der Tauschbörse getauscht zu haben. Sein W-LAN sei passwortgeschützt gewesen, seine Ehefrau habe allerdings Zugang zu seinem Internet und nutze dies täglich für ihre berufliche Tätigkeit als Ärztin. Auf Befragung ihres Mannes, des Beklagten hin habe sie aber abgestritten, das Spiel getauscht zu haben. Auf den Rechnern habe sich das Spiel nirgends gefunden. Im Prozess selber hatte die Ehefrau als Zeugin die Aussage verweigert. Amtsgericht und Landgericht hatten daraufhin die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe seine sekundäre Darlegungslast erfüllt, die Klägerin hingegen habe den ihr sodann wiederum obliegenden Beweis der Täterschaft des Beklagten nicht führen könne.

Die Revision hat der BGH verworfen. Der Beklagte habe dargelegt, dass seine Frau als Täterin in Betracht komme. An einer ernsthaften Möglichkeit der Täterschaft seiner Frau fehle es auch nicht deshalb, weil es sich bei dem Spiel um einen sogenannten „Ego-Shooter“ gehandelt habe. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass solche Spiele nicht auch von Frauen gespielt würden.

Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Internetnutzung seiner Frau einer Dokumentation zu unterwerfen, hier schließt der BGH wieder an seine Afterlife Entscheidung an.

Neu in der Entscheidung ist die Beurteilung der Frage, wie sich die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts durch die Ehefrau des Beklagten im Prozess auswirkt: Das Berufungsgericht hatte entschieden, dass die Klägerin deshalb den ihr obliegenden Beweis, dass der Beklagte die Rechtsverletzung begangen habe, nicht habe führen können, weil sich die auf ihren Antrag als Zeugin vernommene Frau des Beklagten auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO berufen hatte. Dieser Umstand, so das Landgericht, könne nicht zu Lasten des Beklagten gewertet werden, es handele sich auch nicht um eine Beweisvereitelung.

Der BGH hält diese rechtliche Argumentation des Berufungsgerichts: Aus der Verweigerung des Zeugnisses nach § 383 ZPO dürften keine negativen Schlüsse zum Nachteil einer Partei gezogen werden.

In der „Loud“ Entscheidung (BGH I ZR 19/16) hatte der BGH ein beklagtes Ehepaar noch als Täter verurteilt, weil diese wahrheitsgemäß zwar wussten, welches ihrer beiden Kinder die Tat begangen hatte, dieses aber nicht als Täter bezichtigen wollten. In diesem hier zu entscheidenden durchaus etwas kuriosen Sachverhalt, in dem es „keiner“ gewesen sein will und ganz offensichtlich im Sachverhalt jedenfalls im Ergebnis nicht die Wahrheit vorgetragen worden sein konnte, gewinnt der Beklagte hingegen. Ein Ergebnis, dass mit Blick auf die prozessuale Wahrheitspflicht und den Schutz der Familie nur bedingt befriedigen kann (ähnlich kritisch auch Carl Christian Müller auf Legal Tribune Online).


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