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Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH kann ein Namensgebrauch im Sinne des § 12 BGB schon dann vorliegen, wenn der wesentliche und kennzeichnungskräftige Bestandteil des vollständigen Familiennamens verwendet wird. Eine Beeinträchtigung des Namenrechts durch die Registrierung eines Domainnamens dagegen liegt erst in einer eingetretenen Sperrwirkung, die verhindert, dass der Berechtigte als Teil der Internetadresse unter seinem Namen gefunden wird (BGH, Urteil v. 10.12.2015, Az. I ZR 177/14 – Landgut A. Borsig).

Sachverhalt

Der Kläger, Manfred von Borsig, ist Nachfahre der im Jahre 1907 geadelten Berliner Industriellenfamilie Borsig. Albert Borsig erwarb 1866 ein Gut in Groß-Behnitz im Havelland, welches bis zur Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht im Jahr 1947 im Eigentum der Familie stand.

Der Beklagte zu 1 erwarb im Jahr 2000 einen Teil des ehemaligen von-Borsig-Guts in Groß-Behnitz und machte es nach einer Teilsanierung 2004 der Öffentlichkeit zugänglich. Die Beklagte zu 2 führt dort ein Unternehmen, das unter anderem kulturelle Freizeitveranstaltungen durchführt und typische Produkte der Region verkauft. Der Beklagte zu 1 agiert als Geschäftsführer des Unternehmens, das unter dem Kennzeichen „Landgut Borsig Kontor GmbH“ firmiert. Außerdem registrierte der Beklagte zu 1 bei der DENIC eG den Domainnamen „landgut-borsig.de“.

Das Berufungsgericht hatte daraufhin bereits mit Urteil v. 15.02.2013, Az. 5 U 173/07, auf Antrag des Klägers den Beklagten zu 1 und 2 untersagt, den Begriff „Landgut Borsig“ zur Bezeichnung des Betriebs oder der Liegenschaft der Beklagten zu verwenden. Außerdem verurteilte das Berufungsgericht den Beklagten zu 1 gegenüber dem Domainanbieter DENIC eG den Verzicht auf den Domainnamen „landgut-borsig.de“ zu erklären.

Der Beklagte zu 1 registrierte daraufhin bei DENIC eG den Domainnamen „landgut-aborsig.de“. Die Beklagte zu 2 führte daraufhin die Firma „Landgut A. Borsig Kontor GmbH“, während ihre Komplementärin, die Beklagte zu 3, unter „Landgut A. Borsig Kontor GmbH & Co. Betriebs KG“ firmierte.

Deshalb beantragte der Kläger nun neuerlich, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, den Begriff „Landgut A. Borsig“ zur Bezeichnung eines von ihnen geführten Betriebs oder Liegenschaft zu verwenden. Außerdem sollte der Beklagte zu 1 verurteilt werden, der DENIC eG den Verzicht auf den Domainnamen „landgut-aborsig.de“ zu erklären.

Entscheidung des BGH:

Der BGH wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass eine unberechtigte Namensanmaßung gemäß § 12 S. 1 F. 1 BGB vorliegt, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl. bereits BGH, Urteil v. 08.02.2007, Az. I ZR 59/04; BGH, Urteil v. 28.09.2011, Az. I ZR 188/09 – Landgut Borsig).

Der BGH führte dabei aus, dass der Tatbestand des § 12 BGB nicht nur dann erfüllt sei, wenn der Name in vollständiger Form benutzt werde, sondern auch, wenn einzelne wesentliche Bestandteile des Namens gebraucht würden. Daher läge ein Namensgebrauch auch vor, wenn die Adelsbezeichnung „von“, die nach Art. 123 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 109 Abs. 3 S. 1 WRV Namensbestandteil ist, weggelassen werde und nur der kennzeichnungskräftige und damit wesentliche Bestandteil des vollständigen Familiennamens verwendet werde. Als unbeachtlich sah der BGH die Beifügungen „Landgut“ und „Kontor“ sowie „GmbH“ und „Betriebs KG“ an, da es sich dabei lediglich um Zusätze und Hinweise auf die Rechtsform oder Funktion der Gesellschaft handele, welche im Rechtsverkehr keine Beachtung fänden. Ebenso, so der BGH, genüge das Hinzufügen des Vornamens oder eines Buchstabens – in diesem Fall des Buchstabens „A“ – gerade nicht, um eine Benutzung des wesentlichen Bestandteils „Borsig“ zu verneinen. Die Namensinitiale tritt hinter dem als Familiennamen erkennbaren Bestandteil zurück.

Dagegen können Ansprüche wegen einer Namensanmaßung durch das Registrieren eines Domainnamens nur begründet werden, wenn die namensrechtlichen Befugnisse mit der Registrierung bereits erheblich sind (BGH, Urteil v. 13.03.2008, Az. I ZR 151/05 – Metrosex; BGH, Urteil v. 22.01.2014, Az. I ZR 164/12 – wetteronline.de).

Nach Ansicht des BGH bestehen schon Zweifel, ob in der Registrierung des Domainnamens „landgut-aborsig.de“ eine Verwendung des Familiennamens gesehen werden kann, da der Kleinbuchstabe „a“ nicht den Eindruck einer Vornamensinitiale erwecke und folglich die Bezeichnung „aborsig“ nicht mit „Borsig“ identisch sei. Zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen käme es zusätzlich nur dann, wenn sich eine Sperrwirkung entfalte, durch welche der Berechtigte unter seinem Namen als Teil der Internetadresse nicht mehr aufgefunden werden könne (vgl. BGH, Urteil v. 22.11.2001, Az. I ZR 138/99 – shell.de). Die Registrierung eines Domainnamens in fehlerhafter Schreibweise hindere den Berechtigten jedenfalls nicht daran, seinen Namen als Internetadresse zu benutzen. Daher liege, so der BGH, hingegen durch die Domainadresse keine Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen des Nameninhabers vor.

Bewertung

Die erstmals in zweiter Instanz beantragte Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger für die Verwendung des Begriffs „Landgut A. Borsig“ (und der Domain „landgut-aborsig.de“) Wertersatz zu leisten, wurde zunächst vom KG Berlin, Urteil v. 17.06.2014, Az. 5 U 135/13, abgewiesen. Das Berufungsgericht begründete dies damit, dass es keinen Anlass gebe, bei der Beurteilung der Namensgleichheit von „Manfred von Borsig“ und „A. Borsig“ nur auf den Familiennamen des Klägers abzustellen. Nur in dem Fall, dass eine Person lediglich unter seinem Vor- oder Familiennamen in der Öffentlichkeit bekannt ist, trete der Familienname vor den anderen Namensbestandteilen hervor. Der Verkehr würde das Element „A“ nicht übersehen oder überhören. Daher fehlte es nach Ansicht des KG Berlin auch an einer namensmäßigen Zuordnungsverwirrung. Eine Beziehung zwischen dem „Landgut A. Borsig“ und dem engsten lebenden Nachfahren des letzten Eigentümers des Gutes aus der Familie Borsig würde der Verkehr nur herstellen, so das Gericht, wenn dessen einziger Vor- oder Rufname mit dem Buchstaben „A“ beginne, was hier nicht der Fall sei. Daher sei eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Namensträgers nicht ersichtlich, da das Interesse der Beklagten, die historische Bedeutung der Liegenschaft herauszustellen, Vorrang gegenüber dem Interesse des Klägers, nicht durch die Bezeichnung „Landgut A. Borsig“ mit dem Geschäftsbetrieb in Verbindung gebracht zu werden, habe.

Der BGH korrigierte die Entscheidung des KG Berlin richtigerweise. Das KG Berlin sei, so der BGH, unrichtig davon ausgegangen, dass nicht allein auf den Familiennamen abgestellt werden müsse. Der BGH betonte, dass ein Familienname gerade nicht in seiner vollständigen Form benutzt werden müsse. Allein entscheidend sei der wesentliche Bestandteil „Borsig“, da die Vorschrift des § 12 BGB den Namen gerade in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung der Person des Trägers schützt.

 


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