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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (Urt. v. 21.04.2015 – VI ZR 245/14), dass die Veröffentlichung eines Fotos, auf dem sich neben einem Prominenten auch zufällig noch eine weitere nicht prominente Person befindet, unzulässig ist.

Die BILD-Zeitung hatte im Mai 2012 in der Print-Ausgabe und auf dem Internetportal www. bild.de über einen Raubüberfall auf einen Profifußballer in El Arenal auf Mallorca berichtet. In der Berichterstattung hieß es u.a. „Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir …-Star A. (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat.“ Auf einem dem Artikel beigefügten Foto war der Fußballer am Stand von El Arenal zu sehen, im Hintergrund des Fotos war die Klägerin im Bikini auf einer Liege liegend deutlich zu erkennen. Die Klägerin hat Unterlassung der Veröffentlichung des Bildes und eine angemessene Geldentschädigung gefordert. Das Landgericht (LG) Karlsruhe (Urt. v. 16.04.2013 – 3 O 477/12) hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (Urt. v. 14.05.2014 – 6 U 55/13) hat nur den Unterlassungsanspruch bejaht und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.

Der BGH hat die Berufungsentscheidung des OLG Karlsruhe bestätigt.

Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG zu. Nach § 22 S. 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Eine Verbreitung ohne Einwilligung ist nur dann zulässig, wenn das Bild einem Ausnahmetatbestand aus § 23 Abs. 1 KUG zuzuordnen ist und nach § 23 Abs. 2 KUG berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden. Schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen sei, sei eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs.1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits vorzunehmen.

Das streitgegenständliche Foto sei nicht dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen. Der Begriff des Zeitgeschehens dürfe dabei nicht zu eng verstanden werden, im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit seien davon nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse zu verstehen. Das veröffentlichte Bild zeige jedoch die Klägerin in einer privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis stehe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Raubüberfall auf den Fußballprofi ein Ereignis der Zeitgeschichte darstelle, bestehe außer dem zufälligen Zugegensein keine Verknüpfung der Klägerin mit dieser Begebenheit. Die Interessen der Klägerin müssten auch nicht hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten, es wäre etwa möglich und zumutbar gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen.

Die Klägerin sei auf dem Bild auch nicht nur als Beiwerk einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG zu sehen. Das konkrete Foto beziehe sich auf den Fußballprofi und nicht auf eine Landschaft oder sonstige Örtlichkeit, sodass eine unmittelbare Anwendung der Regelung ausscheide. Auch eine entsprechende Anwendung komme nicht in Betracht, da es an einer Regelungslücke fehle. Die Abbildung von zufällig anwesenden Personen werde bereits durch § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG abschließend geregelt. Selbst bei einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift würden durch die Veröffentlichung des Fotos die berechtigten Interessen der Klägerin i.S.d. § 23 Abs. 2 KUG verletzt werden. Zumindest bei einem Teil der Leserschaft könnte die Klägerin als die in dem Text erwähnte „pikante Frauenbegleitung“ angesehen werden.

Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung bestehe jedoch nicht. Dafür sei erforderlich, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handle und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden könne. Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliege, hänge von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung sei jedoch im konkreten Fall nicht zu erkennen.

Der Entscheidung des BGH ist insoweit zuzustimmen, als die Veröffentlichung des Fotos als unzulässig eingestuft und ein Unterlassungsanspruch bejaht wurde. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, die Klägerin auf dem Foto z.B. durch eine Verpixelung des Gesichts unkenntlich zu machen, ohne dass die Aussagekraft des Bildes darunter gelitten hätte. Die Entscheidung ist auch im Hinblick auf die sog. „Begleiter-Rechtsprechung“ des BGH konsequent, wonach auch bei Fotos mit Personen, die sich nicht nur zufällig in der Nähe einer prominenten Person befinden, sondern diese z.B. als Ehepartner oder Lebensgefährten bewusst begleiten, grundsätzlich von einer Unzulässigkeit der Veröffentlichung auszugehen ist (Urt. v. 19.07.2007 – VI ZR 12/06).

Aus Sicht der Klägerin wäre es hier aber auch nachvollziehbar, dass durch die Veröffentlichung des Fotos das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin schwerwiegend beeinträchtigt wurde. Eine schwerwiegende Verletzung wurde vom BGH in der Vergangenheit etwa bei der ungenehmigten Veröffentlichung von Nacktbildern angenommen (Urt. v. 22.01.1985 – VI ZR 28/83 – Nacktfoto). Die Klägerin wurde hier zwar nicht nackt, aber dennoch nur leicht bekleidet im Bikini gezeigt. Weiterhin kann durch die Erwähnung der „pikanten Frauenbegleitung“ im Text durchaus die Vermutung entstehen, dass es sich dabei um die Klägerin handeln könnte, wodurch dieser gesellschaftliche Nachteile drohen. Allein durch die zukünftige Unterlassung der Fotoveröffentlichung können diese Beeinträchtigungen nicht ausreichend ausgeglichen werden, sodass die Voraussetzungen des Anspruchs auf Geldentschädigung vorliegen.


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