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Der „HansOLG“, das hanseatische Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 02.05.2015 (Az. 5 W 47/13) einen milden und vernünftigen Maßstab für die sekundäre Darlegungslast festgelegt.

Über den Anschluss der Betroffenen sollen zwei Filme getauscht worden sein. Die Anschlussinhaber hatte sich im Verfahren damit verteidigt, dass sie die Filme nicht kenne. Zudem hätten im fraglichen Tatzeitraum auch noch ihre volljährige Tochter und ihr Ehemann Zugang zu ihrem Rechner gehabt, eine Tatbegehung durch eine der beiden halte sie für nicht ausgeschlossen. Weiter hatte sie mitgeteilt, dass die beiden allerdings „zumindest teilweise“ während der fraglichen Tatzeitpunkte nicht im Hause gewesen seien.

Das OLG Hamburg hat dazu festgestellt:

„Bereits damit hat die Antragsgegnerin nach Auffassung des Senats eine hinreichenden Sachverhalt dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie selbst die öffentliche Zugänglichmachung von Dateien mit den streitgegenständlichen Filmwerken nicht begangen hat. … Denn sie hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass wenigstens zwei weitere Personen – ihr Ehemann und ihre Tochter – im fraglichen Zeitraum Zugang zu ihrem Internet hatten, so dass eine Begehung durch eine dieser Personen nicht ausgeschlossen ist. Das Bestehen dieser Möglichkeit genügt indes, um die genannte tatsächliche Vermutung zu widerlegen.“

Auch die Tatsache, dass nach dem Vortrag der Anschlussinhaberin Ehemann und Tochter zumindest teilweise nicht im Hause waren, stünde dieser Wertung nicht entgegen, es legt auch einen bemerkenswert pragmatischen Ansatz zur sekundären Darlegungslast fest, die von vielen Gerichten, wie etwa dem Landgericht München, leider zu Lasten der Abgemahnten sehr stark überzogen wird. Das OLG Hamburg hält fest:

„Zu verlangen, dass ein Anschlussinhaber stundengenau darüber Auskunft gibt und glaubhaft macht, wer zu welchen Zeitpunkten den in Rede stehenden Rechner tatsächlich benutzt hat, würde eine Überspannung der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast bedeuten. Dies würde nämlich in der Praxis dazu führen, dass die tatsächliche Vermutung einer täterschaftlichen Verantwortung, die sich alleine auf die Tatsache stützt, dass von einem bestimmten Internetzugang aus Urheberrechtsverletzungen begangen wurden, faktisch unwiderlegbar wäre. Denn es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass ein Anschlussinhaber einen derart alltäglichen Vorgang wie die Nutzung eines Computers mit Internetzugang bereits nach wenigen noch präzise genug erinnern kann, um eine derartige Auskunft zu geben zu können“.

Zur ebenfalls streitigen Frage, wer denn den sekundären Vortrag des Anschlussinhabers zur beweisen habe, schließt sich das OLG Hamburg der wohl herrschenden Meinung an:

„Die genannte sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers bedeutet nämlich ebenso wenig eine Umkehr der Beweislast wie eine über seine prozessuale Wahrheitspflicht hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Gegner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Erst recht obliegt dem Anschlussinhaber nicht der Beweis des Gegenteils in dem Sinne, dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung vom Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren muss.“

Die Entscheidung des HansOLG ist zu begrüßen. Denn in der Tat kann man von abgemahnten Anschlussinhaber kaum verlangen, genau Buch zu führen über die Nutzung des Internets durch ihre Familienangehörigen. Ein alltäglicher Vorgang, der zudem häufig nicht mehr in der Erinnerung präsent ist, gerade auch dann, wenn die Rechteinhaber und ihre Kanzleien – wie so oft – erst nach Jahren klagen.


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