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Der Erfolg der Verteidigung eines Filesharing Falles vor Gericht hängt (aus der Sicht des Beklagten) maßgeblich vom Vortrag des Beklagten ab, mit dem er sich von dem ihm gegenüber erhobenen Vorwurf exkulpiert, selbst Täter einer Urheberrechtsverletzung zu sein. Entscheidend sind dabei die beiden juristischen Kriterien der „tatsächlichen Vermutung“ und der sich daran anschließenden „sekundären Darlegungslast“. Der BGH hat diese beiden komplizierten Begriffe vor allem in der Entscheidung „Tauschbörse III“ genauer konkretisiert. Viele Fragen bleiben allerdings immer noch offen.

Im Prozess geht es dabei letztlich immer um die Frage, wer welche Tatsachen vor Gericht beweisen muss, und was passiert, wenn ihm das nicht gelingt.

1. Grundsatz

Der Grundsatz in der Zivilprozessordnung lautet: Der Anspruchsteller muss Beweis führen über die für ihn günstigen Tatsachen.1 Bezogen auf einen der zahllosen Filesharing Prozesse bedeutet das: Der Kläger, also hier stets die von Abmahnkanzleien vertretenen Rechteinhaber, müssen beweisen, dass der Anschlussinhaber, den sie verklagen, auch Täter der Urheberrechtsverletzung ist. Folgerichtig zitiert der BGH in der Entscheidung „Tauschbörse III“ (Az. I ZR 75/14) zunächst einmal den Grundsatz (in der Randziffer 37):

„Die Klägerinnen trifft nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller zunächst die Darlegungs- und Beweislast. Sie müssen deshalb darlegen und beweisen, dass der Beklagte für die von Ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich war.“

2. Die Ausnahme: Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast

Filesharing Fälle weisen eine Besonderheit aus der Sicht der Kläger auf: Die jeweilige Klägerin kann über ihr Ermittlungsunternehmen die Aufklärung einer Urheberrechtverletzung in der Tauschbörse letztlich nur „bis zur Steckdose“ des Anschlussinhabers nachverfolgen. Denn in einer Tauschbörse surft der Täter zwar „halböffentlich“ mit einer IP-Adresse, über die sich der Anschluss des Anschlussinhabers beauskunften läßt, wer nun aber genau diesen Anschluss quasi „hinter der Steckdose“ tatsächlich nutzt, das kann der klagende Rechteinhaber naturgemäß nicht wissen. Denn ein Internetanschluss kann, vor allem im familiären Bereich, von einer Vielzahl von Personen, wie Kindern, Ehegatten oder sonstigen Familienangehörigen, genutzt werden. Gleiches gilt für Wohngemeinschaften, die Vermietung von Ferienwohnungen oder schlicht Besucher.

Um den Klägern hier eine Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen, hat der BGH zwei Beweiserleichterungen für sie geschaffen. Einmal die tatsächliche Vermutung (a.) und sodann die sekundäre Darlegungslast (b.). In der Rz. 37 des Urteils Tauschbörse III beschäftigt sich der BGH deshalb auch mit der tatsächlichen Vermutung und der sekundären Darlegungslast.

a. Tatsächliche Vermutung

Tatsächliche Vermutungen hat die Rechtsprechung in vielen Lebensbereichen begründet.2 Gegenstand einer solchen „tatsächlichen Vermutung“ ist im Prozess alleine die Feststellung von Tatsachen durch den Tatrichter, nicht deren rechtliche Bewertung.3 Sie sind rechtlich betrachtet auch von der Tatsachenvermutung iSd § 292 ZPO streng abzugrenzen.4 Im Gegensatz zu den gesetzlichen Vermutungen des § 292 ZPO bewirken tatsächliche Vermutungen nämlich keine Umkehr der Beweislast.5

In der Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ I ZR 69/08 vom 29.4.2010 (GRUR 2010, 633), hatte der BGH erstmals in der Rz. 13 diese tatsächliche Vermutung beim Filesharing begründet.

Die tatsächliche Vermutung beim Filesharing Fall geht zunächst einmal von einem allgemeinen Erfahrungswert aus, dass es nämlich in erster Linie der Anschlussinhaber selber ist, der seinen Anschluss nutzt und kontrolliert. In der Morpheus Entscheidung des BGH (I ZR 74/12) heisst es dazu in der Rz. 33:

„Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist.“

In der neuen Entscheidung Tauschbörse III führt der BGH anknüpfend an die Morpheus Entscheidung aus (in der Rz. 37):

“Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewußt anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.“

Um die tatsächliche Vermutung zu widerlegen, muss der Anschlussinhaber also vortragen (und nach hM nicht notwendig beweisen), dass andere Personen ganz konkret zum Tatzeitpunkt Zugriff auf seinen Internetanschluss hatten. Das ist nach den Urteilsgründen der Tauschbörse III dann der Fall, „wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.“

Der BGH stellt deshalb in „Tauschbörse III“ auch noch einmal konsequent klar, dass es in Bezug auf die Erschütterung der tatsächlichen Vermutung darauf ankommt,

“dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Famlienangehörigen  Allgemeinen sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt  ankommt.” (BGH, a.a.O., Rz. 39).

Kann der Anschlussinhaber dies vortragen, dann hat er die erste Hürde genommen um den Prozess zu gewinnen. Es folgt die zweite (meist schwierigere) der sekundären Darlegungslast, die sich allerdings in Teilen mit der Entkräftung der tatsächlichen Vermutung überschneidet.

b. Die sekundäre Darlegungslast

Die sekundäre Darlegungslast findet, wie erwähnt, in Situationen Anwendung, in denen die an sich beweisbelastete Partei die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht kennt, weil sie notwenig ausserhalb ihres Wahrnehmungskreises liegen, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zumutbar sind. 6

Der Prozessgegner kann sich also hier nicht darauf zurückziehen, einfach nur zu bestreiten, er muss diejenigen Tatsachen vortragen, die er kennt und deren Mitteilung ihm zumutbar ist.7 Ganz generell herrscht Einigkeit, dass der Anschlussinhaber hier nur substantiiert darlegen muss, beweisen muss er nicht. Teilweise wird die sekundäre Darlegungslast deshalb auch als eine Pflicht zum substantiierten Bestreiten iSd § 138 Abs. 2 ZPO bezeichnet.8 So besteht jedenfalls wohl auch keine Pflicht zur Benennung von ladungsfähigen Anschriften von Zeugen.9 In der „Sommer unseres Lebens“ Entscheidung hatte sich der BGH nicht dazu geäußert, wie weit das Vorbringen eines Anschlussinhabers genau gehen muss. Die Rechtsprechung an den unterschiedlichen Gerichtsstandorten wie Köln, Düsseldorf und München hatte sich deshalb in der Folge sehr unterschiedlich entwickelt.10 Gerade das Landgericht München I fordert mit seiner „Ross und Reiter Theorie“ stets einen sehr strengen Maßstab der sekundären Darlegungslast, der letztlich im Ergebnis nur zu erfüllen ist, wenn ein konkreter Täter der Urheberrechtsverletzung benannt wird.

Mit der Entscheidung des BGH „Tauschbörse III“ werden die Maßstäbe nun zumindest in bestimmten Bereichen klarer: Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Anschlussinhaber auch wieder vortragen (und hier auch nach den klaren Worten des BGH nicht beweisen), nämlich genau zu drei Positionen: Erstens, welche Personen hatten generell Zugang zu seinem Internet, zweitens, wer davon kommt als Täter in Betracht und drittens, was haben seine Nachforschungen nach dem Eingang der Abmahnung ergeben.

aa. „ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten“

Dieses Kriterium entspricht also 1:1 der Entkräftung der tatsächlichen Vermutung.

bb. „und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen“

Hier muss also nun ergänzend vorgetragen werden, wer denn eigentlich denklogisch als Täter in Betracht kommt, von den Personen, die Zugang hatten.

Viele Gerichte (wie das Landgericht München I) fordern in diesem Zusammenhang auch, dass der Anschlussinhaber sehr detailliert zum Nutzungsverhalten aller Zugriffsberechtigten, also dazu vorträgt, wer was im Internet macht, wie er es genau nutzt. Dieses Erfordernis ergibt sich allerdings bisher aus keiner Entscheidung des BGH.

cc. Nachforschungs- und Mitteilungspflicht des Anschlussinhabers  im Rahmen des Zumutbaren

In Rz. 42 der Entscheidung „Tauschbörse III“ präzisiert der BGH diese Verpflichtungen:

„Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses in Hinblick auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen den Anschluss nutzen konnten, eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren  zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die Behauptung der bloss theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritte auf seinen Internetanschluss nicht gerecht.“

Hier präzisiert der BGH seine bisherige Rechtsprechung, nach der nach dem Eingang einer Abmahnung für den Anschlussinhaber eine Rechtspflicht besteht, aufzuklären, welcher Nutzer seines Anschlusses verantwortlich sein könnte. Im Prozess ist er – im Rahmen des Zumutbaren – dann auch verpflichtet, das Ergebnis der Befragung aller Nutzer mitzuteilen.

3. Zur Beweislastverteilung

Ganz klar herrschende Meinung ist es, dass der Beklagte für den Vortrag im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht beweispflichtig ist, das ergibt sich aus dem insoweit klaren Wortlaut aller BGH Entscheidungen. Gelegentlich wird aber in Abrede gestellt, dass dies auch für die tatsächliche Vermutung gilt. Die ganz herrschende Meinung geht allerdings davon aus, dass auch die tatsächliche Vermutung nicht zu einer Beweislastumkehr führt:

Im Gegensatz zu den gesetzlichen Vermutungen des § 292 ZPO bewirken tatsächliche Vermutungen nämlich  nach der hM in der Literatur und Rechtsprechung keine Umkehr der Beweislast (Vgl. Solmecke/Rüther/Herkens, MMR 2013, 217; BGH NJW 2010, 363, 364; Prütting, in MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 292 Rn. 28.).

In der Entscheidung des BGH v. 09.10.2009 (V ZR 178/08), NJW 2010, 363, arbeitet der BGH sehr klar den Unterschied zwischen der gesetzlichen Vermutung mit Folge der Beweislastumkehr und der tatsächlichen Vermutung heraus, bei der dies eben gerade nicht gilt:

„[14] aa) Bei einer gesetzlichen Vermutung hat die begünstigte Partei nur die diese begründenden Tatsachen (die Vermutungsbasis) darzulegen, muss jedoch nicht (auch) die vom Gesetz vermutete Tatsache vortragen (Prütting, in: MünchKomm-ZPO, 3. Aufl., § 292 Rdnr. 21; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 292 Rdnr. 4; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 292 Rdnr. 14; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 292 Rdnr. 21). Eine solche Vermutung enthebt die Partei nicht nur von der Beweis-, sondern auch von der Darlegungslast für die vermutete Tatsache (BGH, JR 1978, 18 [20]; NJW 2002, 2101 [2102]). Der Gegner, zu dessen Lasten die Vermutung wirkt, hat nach § 292 S. 1 ZPO das Gegenteil vorzutragen, einen Beweis dafür anzutreten und zu führen. …

[15] (1) Auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO nach ganz herrschender, wenn auch nicht völlig unbestrittener Meinung im Schrifttum keine Anwendung (Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 292 Rdnr. 27; Musielak/Huber, § 292 Rdnr. 1; Stein/Jonas/Leipold, § 292 Rdnr. 7; Wieczorek/Schütze/Assmann, § 292 Rdnr. 13; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., Vorb. § 284 Rdnr. 33; Baumgärtel, in: Festschr.f. Schwab, S. 43, 47; Prütting, Gegenwartsprobleme der Beweislast, S. 57; a.A. Bruns, ZivilprozessR, 2. Aufl., Rdnr. 171c; Hirte, MDR 1998, 182 [185]). Den tatsächlichen Vermutungen wird nur eine Bedeutung bei der Beweiswürdigung zugemessen, als sie einen Anscheins- oder Indizienbeweis für die behauptete Tatsache begründen können (Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 292 Rdnr. 27; Wieczorek/Schütze/Assmann, § 292 Rdnr. 13; Baumgärtel, in: Festschr. f. Schwab, S. 43, 57; Prütting, S. 57, 58).“

Nur von  einer Mindermeinung wird gelegentlich die Behauptung vertreten, bei der Entkräftung der tatsächlichen Vermutung treffe die Beweislast den Beklagten. Das spielt etwa dann eine Rolle, wenn – wie in dem von uns aktuell gegen die Kanzlei Rasch geführten Verfahren beim OLG München (Az. 29 U 2593/15) die Eltern zwar mitteilen sie wüssten, wer der Täter ist, ohne die Kinder preiszugeben, wobei diese zeitgleich von dem ihnen zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Hier hatte das Landgericht München I 37. Zivilkammer in der Vorinstanz entschieden, dass dann die Beklagten beweisfällig geblieben seien. In aktuellen Entscheidungen haben allerdings sowohl das Landgericht Berlin (Az. 15 S 12/14), das Amtsgericht Braunschweig,  als auch das Amtsgericht Passau Az. 15 C 582-15, sich der zutreffenden herrschenden Meinung angeschlossen, dass Eltern ihre Kinder eben gerade nicht „ans Messer liefern“ müssen um einen Prozess zu gewinnen. Sie tragen also eben gerade nicht die Beweislast, sie sind aus Gründen der Zumutbarkeit auch nicht verpflichtet, den Namen des Kindes zu benennen, das die Rechtsverletzung begangen hat.

Die vom BGH in der Entscheidung Tauschbörse III gewählte Formulierung und die Tatsache, dass die tatsächliche Vermutung und die sekundäre Darlegungslast in einem Absatz und einer Randziffer behandelt werden, spricht ebenfalls klar gegen eine solche Annahme. So heisst es in der Rz. 37:

“Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewußt anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen, als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.”

Mit diesem hier wörtlich zitierten Absatz stellt der BGH sehr deutlich klar, dass im Rahmen der Beweislastverteilung nicht zwischen der tatsächlichen Vermutung und der sekundären Darlegungslast unterschieden werden darf. Denn an die tatsächliche Vermutung schließt sich, wenn sie einmal durch den Sachvortrag des Beklagten widerlegt ist, nahtlos die sekundäre Darlegungslast an, die aber eben gerade nicht zu einer Umkehr der Beweislast führt.

Der Beklagte verlor in dem Fall Filesharing III konsequent schon deshalb, weil er nicht vorgetragen hatte, dass zum Tatzeitpunkt auch andere Personen Zugriff auf sein Internet hatten und als Täter in Betracht kamen. (vgl. Rz. 38 des Urteils). Fälle dieser Art, die im Gerichtsbezirk des Landgericht München I gerne als “Heiliger Geist Fälle” bezeichnet werden, können letztlich nur verloren werden, weil es nach ihnen “technisch unmöglich” wäre, dass irgendjemand die Rechtsverletzung begangen haben könnte (BGH, a.a.O. Rz. 39).

Neu ist im Urteil Tauschbörse III  die Konkretisierung der Nachforschungspflicht, die weiterhin unter dem Vorbehalt des Zumutbaren steht, aber doch eben zur Mitteilung der Ergebnisse verpflichtet. Neu ist auch die Konkretisierung, dass es für die Erschütterung der tatsächlichen Vermutung auf die Situation genau zum Tatzeitpunkt und nicht nur auf theoretische Zugriffsmöglichkeiten ankommt.

Facit: Der Zusammenhang von tatsächlicher Vermutung und sekundärer Darlegungslast gewinnt nach der Entscheidung Filesharing III an dogmatischer Klarheit. Beide werden im selben Absatz auch nach derselben Beweislastverteilung behandelt, es wird also klar, dass für beide keine Beweislastumkehr gilt. Auch die Aufklärungspflichten eines Anschlussinhabers werden präzisiert, sind aber nichts neues: Denn auch schon bisher musste der Anschlussinhaber nach hM mitteilen, was seine Nachtataufklärung ergeben hatte.

Fussnoten:

  1. Vgl. etwa BGH, NJW 1991, 1052.
  2. Vgl. Laumen, in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 14 Rz. 1 ff m.w.N..
  3. Laumen, a.a.O., Rz. 5.
  4. Laumen, a.a.O., Rz. 6.
  5. Vgl. Solmecke/Rüther/Herkens, MMR 2013, 217; BGH NJW 2010, 363, 364; Prütting, in MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 292 Rn. 28.
  6. Laumen in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 3, Rz. 61.
  7. Solmecke/Rüther/Herkens, MMR 2013, 217, 218 mit Verweis auf BGH NJW2008, 982, Rn. 16.
  8. Vgl. Zimmermann, MMR 2014, 368 m.w.N. in der Fussnote 29.
  9. Solmecke/Rüther, a.a.O., S 219.
  10. Vgl. Solmecke/Rüther/Herkens, a.a.O, S. 219, m.w.N. .

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