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Urheberrechtsgesetz: Die Novelle 2008: Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch und Beschränkung der Abmahnkosten

Gesetz zum Schutz des geistigen Eigentums vom Bundestag verabschiedet

1. Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Der deutsche Bundestag hat mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“ vom 2.5.2008 in Umsetzung der EU-Enforcement-Richtlinie zur besseren Durchsetzung der Rechte von Urhebern (sog. Enforcement-Richtlinie, 2004/48/EG) verschiedene wichtige Neuerungen im deutschen Urheberrechtsgesetz auf den Weg gebracht.

Nach Beratung im Rechtsausschuss des Bundestages sowie der anschließenden Verabschiedung durch den Bundestag am 11.04.2008 hat nun auch der Bundesrat am 23.05.2008 das Gesetz abgesegnet. Das Gesetz wird am ersten Tag des zweiten Monats, der auf die Verkündung und die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten folgt, in Kraft treten. Da eine Verkündung des Gesetzes noch nicht erfolgt ist, kann dies frühestens am 01.09.2008 geschehen. Folgende wichtige Änderungen sieht das Gesetz künftig vor:

2. Änderungen des Urheberrechtsgesetzes

Die wichtigsten beiden Änderungen durch das neue Gesetz betreffen die Beschränkung der Abmahnkosten in einfach gelagerten Fällen auf Euro 100,00 und die Neuregelung eines zivilrechtlichen Auskunftsanspruches gegen Internetprovider bei Rechtsverletzungen von deren Kunden.

a) Beschränkung der Abmahnkosten auf Euro 100,00

Wichtigste Änderung ist die neu eingeführte Regelung der Abmahnung, die bislang nicht gesetzlich verankert war. Im neuen Urheberrechtsgesetz wird diese Abmahnung in § 97a Abs. 1 UrhG vorsehen, dass nach einer Urheberrechtsverletzung der Verletzer vor einem gerichtlichen Verfahren zunächst abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert werden soll. Diese Rechtsfolge hatte sich bislang nur aus der Rechtsprechung des BGH ergeben. Dem Verletzer soll die außergerichtliche Möglichkeit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegeben werden. Wie bisher kann der Inhaber eines Urheber- oder Leistungsschutzrechtes seine erforderlichen Aufwendungen, d.h. insbesondere die entstandenen Anwaltskosten gegen den Verletzer geltend machen.

Neu ist aber die Beschränkung der Anwaltskosten. Zum Schutz der Betroffenen vor unverhältnismäßig hohen Rechnungen der abmahnenden Anwälte regelt § 97a Abs. 2 UrhG nämlich, dass die zuvor genannten erforderlichen Aufwendungen auf 100 ? begrenzt werden müssen. Diese Begrenzung greift dann ein, wenn eine erstmalige Abmahnung vorliegt, es sich um einen ?einfach gelagerten Fall? sowie um eine nur ?unerhebliche Rechtsverletzung? außerhalb des geschäftlichen Verkehrs handelt.

Die unbestimmten Rechtsbegriffe der „einfach gelagerten Fälle“ sowie der „unerheblichen Rechtsverletzung“ müssen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes von den Gerichten ausgelegt werden. Die Beweislast jedoch, dass im jeweiligen Fall ein nicht einfach gelagerter Fall bzw. eine nicht nur unerhebliche Rechtsverletzung vorliegt, wird in Zukunft bei den Rechteinhabern liegen.

b) Neuregelung des Auskunftsanspruchs und zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen Dritte

Eine grundlegende Änderung der Gesetzeslage wird sich künftig aus §§ 101 Abs. 2 und 9 UrhG ergeben, die erstmals einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch kodifizieren. Nach alter Rechtslage bestand ein solcher zivilrechtlicher Auskunftsanspruch bislang nicht. Die Rechteinhaber waren gezwungen gerade in den Filesharingfällen gegen die unbekannten Täter Strafanzeige zu stellen, um durch die Tätigkeit der Ermittlungsbehörden an die Adressen der Anschlussinhaber zu kommen. Das führte zu den oft kritisierten Belastungen der Ermittlungsbehörden durch massenhafte Strafanzeigen.

Nach neuer Rechtslage gilt nun folgendes: In Abweichung von § 101a UrhG a.F. bestimmt § 101 UrhG n.F. nun, dass die Auskunft auch bei unkörperlichen Rechtsverletzungen im Internet geschuldet ist. Entscheidend dürfte künftig sein, dass auch Dritte wie Internetprovider nach §§ 101 Abs. 2 und 9 UrhG n.F. Auskunft erteilen müssen, wenn die Rechtsverletzungen „offensichtlich“ sind. Nach § 101 Abs. 9 UrhG n.F. muss bei einem Auskunftsverlangen über Verkehrsdaten nach § 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes aber zuvor eine richterliche Anordnung beim Landgericht (Zivilgericht) am Sitz des Internetproviders beantragt werden. Die Kosten für eine solche Anordnung muss künftig der Verletzte tragen (also der Rechteinhaber). Neu ist auch, dass die Provider künftig direkt vom Rechteinhaber die Kosten für die Auskunftserteilung verlangen können (§ 101 Abs. 2 S. 2 UrhG n.F.). Diese Kosten haben bislang immer die Ermittlungsbehörden getragen.

Künftig gibt es zudem einen Schadensersatzanspruch gegen den zur Auskunft Verpflichteten in § 101 Abs. 5 UrhG. Dieser hat bei vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständiger Auskunftserteilung den Schaden zu ersetzen, der hieraus entstanden ist.

c.) Schadensersatz und Unterlassungsanspruch

An den grundlegenden Ansprüchen auf Schadensersatz und Unterlassung wird sich durch das neue Urheberrechtsgesetz nicht viel ändern. Der Gesetzgeber hat hier jedoch die Gelegenheit genutzt, Regelungen gesetzlich zu verankern, die bisher durch die Rechtsprechung ohnehin anerkannt waren.

Neu geregelt wird beim Unterlassungsanspruch lediglich der vorbeugende Unterlassungsanspruch in § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG, der einen Unterlassungsanspruch auch dann gewährt, wenn noch keine Verletzung vorliegt, diese aber erstmalig droht.

Die Bemessung des Schadensersatzanspruches erfolgt auf der Grundlage der bislang durch die Gerichte vorgenommenen dreifachen Schadensberechnung. Ausgegangen wird auch künftig zunächst vom tatsächlich entstanden Schaden beim Rechteinhaber, der jedoch gewöhnlich schwer zu beziffern ist. Daher kommt der sog. Lizenzanalogie erhöhte Bedeutung zu. Hierbei wird ein Betrag angesetzt, der dem entsprechen soll, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie über die genutzten Rechte eine Vereinbarung im Vorfeld getroffen hätten.

d) Sicherung von Schadensersatzansprüchen

Zur Gewährleistung des Durchsetzung des Schadenseratzanspruches aus § 97 UrhG bestimmt § 101b Abs. 1 UrhG, dass der Verletzer zur Vorlage von notwendigen Unterlagen verpflichten werden kann, die sich in seiner Sphäre befinden. Damit sind insbesondere Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen gemeint. Die Einsichtnahme in die Unterlagen muss jedoch zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches notwendig sein und darf auch gem. § 101b Abs. 2 UrhG nicht unverhältnismäßig sein.

Da es sich hierbei um vertrauliche Informationen handeln kann, hat das Gericht dann gemäß § 101b Abs. 1 Satz 2 UrhG entsprechend erforderliche Maßnahmen zu treffen, um die Vertraulichkeit zu wahren. Schließlich kann die Vorlage der Unterlagen auch gem. § 101b Abs.3 UrhG im Wege der einstweiligen Verfügung verlangt werden, wenn der Schadensersatzanspruch offensichtlich besteht.

Die Tonträgerhersteller dürfen sich über in der Neufassung des § 10 UrhG über eine neue Inhabervermutung freuen, die sich aus dem (P)-Vermerk auf Ihren CDs ergibt und ihnen die Rechtsverfolgung auch im Einstweiligen Rechtsschutz vereinfacht.

© 4. Juli 2008 Dr. Bernhard Knies


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