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Neu verliebt in sozialen Medien, das kann den ehemaligen Partner durchaus verletzen. Das AG Lemgo hatte sich nunmehr mit einem Fall zu beschäftigen, in dem der noch Ehegatte sein neues Liebesglück auf Facebook kundtat und der den Trennungsunterhalt zahlende Ehegatte deshalb die Versagung oder Beschränkung des Trennungsunterhaltes forderte.

 Das AG Lemgo entschied, dass eine Veröffentlichung von Fotos eines Ehegatten mit seinem neuen Lebenspartner auf Facebook zu keiner Versagung oder Beschränkung des Trennungsunterhalts führt (Bs. v. 08.06.2015, Az. 8 F 43/15).

Sachverhalt

Im April 2014 hatte die verheiratete Antragstellerin die gemeinsame Ehewohnung verlassen. Nachdem sie zunächst bei ihren Eltern lebte, zog sie im März 2015 zu ihrem neuen Lebensgefährten. Der Antragsgegner bewohnte mit den beiden gemeinsamen Kindern weiterhin das im hälftigen Miteigentum der beiden Beteiligten stehende Einfamilienhaus. Nach Angaben der Antragstellerin pflegte auch der Antragsgegner ein außereheliches Verhältnis. Das Scheidungsverfahren ist seit April 2015 rechtshängig.

Die Antragstellerin beantragte, den Antragsgegner zur Zahlung eines Trennungsunterhalts, mithin zum Ausgleich von Unterhaltsrückständen im Zeitraum von April 2014 bis Februar 2015 und zu künftigen monatlichen Zahlungen ab März 2015, zu verpflichten.

Der Antragsgegner war hingegen der Meinung, der Anspruch sei (jedenfalls teilweise) verwirkt, da die Antragstellerin im Mai 2014 in ihrem Facebook-Eintrag zwei Fotos von sich und ihrem Lebenspartner einstellte, welcher geeignet sei, den Antragsgegner in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Dies sei seiner Ansicht nach ein schwerwiegendes Fehlverhalten und daher unbillig.

Entscheidung des Gerichts

Das AG Lemgo folgte der Argumentation des Antragsgegners nicht und sprach der Antragstellerin einen Trennungsunterhaltsanspruch gemäß § 1361 BGB zu, da sie ihren Unterhaltsbedarf aus eigenen Mitteln nicht decken kann.

Das Gericht sah die von der Antragstellerin gemachten Ansprüche auch nicht als verwirkt an. In Anbetracht der Umstände, so das AG Lemgo, könne eine grobe Unbilligkeit von Unterhaltszahlungen gemäß § 1579 Ziff. 7 BGB wegen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens der Antragstellerin nicht angenommen werden.

Nach § 1579 Ziff. 7 BGB kann der Unterhalt versagt, herabgesetzt oder zeitlich beschränkt werden, wenn dem Unterhaltsberechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig beim Berechtigten liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichten zur Last fällt.

Nach Ansicht des AG Lemgo könne eine neue Partnerschaft kein „schwerwiegendes Fehlverhalten“ begründen, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner sich nicht gegen die Aussage der Antragstellerin wendete, wonach auch er ein außereheliches Verhältnis pflegen würde.

Das Gericht gibt zwar zu bedenken, dass die Veröffentlichung von Fotos mit dem neuen Lebensgefährten nicht nötig oder geschmackvoll erscheine, es heute jedoch als allgemein üblich gelte, Veränderung des Privatlebens in sozialen Netzwerken mitzuteilen. Eine schwerwiegende Verunglimpfung liege deshalb jedoch nicht vor.

Auch sah das Gericht die Regelung des § 1579 Ziff. 2 BGB als nicht einschlägig an, wonach der Unterhalt versagt, herabgesetzt oder zeitlich beschränkt werden kann, wenn der Unterhaltsberechtigt in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit dem neuen Lebensgefährten lebt und deshalb die Zahlung durch den Verpflichteten unbillig ist.

Das AG Lemgo führte aus, dass eine solche verfestigte Lebensgemeinschaft regelmäßig erst nach zwei bis drei Jahren anzunehmen sei (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 26.03.2012, Az. II-8 UF 109/10), wobei besondere Umstände im Hinblick auf die Verfestigung diesen Zeitraum verkürzen können. Da die neue Beziehung der Antragstellerin offensichtlich erst seit April 2014 bestand und diese erst seit März 2015 mit ihrem neuen Lebensgefährten einen gemeinsamen Haushalt führe und selbst wenn sie schon seit Längerem zusammen als Paar in der Öffentlichkeit auftreten, erscheine es nach Ansicht des AG Lemgo trotz allem als unbillig, hier eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Ziff. 2 anzunehmen.

Die Zahlung des Trennungsunterhalts sei dem Antragsgegner daher zuzumuten.

Bewertung

Das AG Lemgo hat die (außer-)ehelichen Verhältnisse richtig eingeordnet. Ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten der Frau durch das Posten eines Fotos mit dem neuen Lebenspartner auf Facebook liegt richtigerweise nicht vor. Das Verhalten der Antragstellerin mag zwar gegenüber ihrem ehemaligen Partner verletzend und unangebracht sein, erfüllt jedoch nicht den engen Tatbestand des § 1579 Ziff. 7 BGB.

Auch die Anspruchskürzung oder die gänzliche Verwirkung des Trennungsunterhalts aufgrund einer bereits verfestigten Lebensgemeinschaft mit dem neuen Partner kann sich nach § 1579 Ziff. 2 BGB hat das AG Lemgo richtigerweise abgelehnt. Eine solche verfestigte Lebensgemeinschaft kann sich ergeben, wenn diese ungefähr seit drei Jahre besteht.

Es ist in Trennung lebenden Eheleuten grundsätzlich zu empfehlen, in sozialen Medien im Zweifelsfall zurückhaltend zu agieren, gegebenenfalls aber, Aktivitäten des anderen Ehegatten zu speichern. Dies mag zwar befremdlich klingen, jedoch kann dies unter Umständen trotz nunmehr getrennter Leben eine Beweiserleichterung oder gar Beweisermöglichung für den Trennungsunterhaltsverpflichteten darstellen.

Auch die Gerichte haben sich zunehmend mit Aktivitäten in sozialen Medien auseinandersetzen, auch im Familienrecht, etwa hier bei der Berechnung des Trennungsunterhalts.

Es sollte an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass gerade Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Medien sich positiv auswirken können, um etwa Lebensereignisse aus dem Privatleben nur den „Freunden“ und nicht dem ehemaligen Ehemann mitzuteilen.

 


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