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OLG München, Beschluss v. 20.04.2016, Az. 34 Wx 127/16

Im ersten Verfahren vom OLG zu behandelten Verfahren beantragte ein freier Journalist Einsicht in die Grundbücher einer Fliegerhorstsiedlung. Er begründete sein Recht auf Einsichtnahme mit journalistischen Recherchetätigkeiten im Bereich der „Wirtschaftskriminalität, Pressefreiheit, Politverflechtungen, Justizdefizite und Mängel im Gutachterwesen“. Insbesondere beschäftige er sich mit „Belangen von öffentlichem Interesse aufgrund Gesundheits- und Umweltgefahren im Zusammenhang mit ehemaligen militärischen Liegenschaften“. Dass an seinen Recherchetätigkeiten ein wesentliches öffentliches Interesse besteht, unterstrich er damit, dass er auf die politische Stellung des Grundstückeigentümers verwies, bei der es sich um eine bundesunmittelbare Anstalt öffentlichen Rechts handelte. Weiterhin verweigerte er die Offenlegung weiterer Details zu seiner Recherche aus Vertraulichkeitsgründen und um das Ergebnis seiner Arbeit nicht zu gefährden.

Das OLG München lehnte das Gesuch jedoch ab. Das Gericht bestätigte, dass gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 3 GBO, § 46 Abs. 1 GBV, jedem die Einsichtnahme in das Grundbuch gestattet ist, dem es möglich ist, ein berechtigtes Interesse darzulegen. Das Gericht führte aus, dass sich dieses Interesse natürlich auch aus dem Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ergeben könne. Das setze allerdings voraus, so das OLG weiter, dass ein Informationsbeschaffungsinteresse einer publizistisch tätigen Person dargelegt wird. Bei der Darlegung diese Interesses müsse sich das Gericht aufgrund des Gebots der staatlichen Inhaltsneutralität jeglicher Bewertung enthalten (BVerfG, Bs. v. 28.08.2000, Az. 1 BvR 1307/91). Das OLG München führte weiter aus, dass die Darlegung eines pauschalen Informationsinteresses jedoch nicht ausreichend sei, um ein berechtigtes Interesse nachzuweisen, sondern dieses müsse in tatsächlicher Sicht hinreichend konkretisiert sein. Vielmehr sei die Beschreibung des Informationsanliegens in tatsächlicher Sicht unter Darstellung des konkreten Bezuges zum jeweiligen Grundstück, für das die Einsicht begehrt werde, erforderlich. Weiterhin müsse dargelegt werden, dass die Grundbucheinsicht der Einholung journalistisch verwertbarer Informationen dient (BVerfG v. 07.10.2000, 1 BvR 1521/00; OLG Frankfurt, Bs. v. 13.07.2000, 20 W 211/2000).

Das OLG München kommt in vorliegendem Fall allerdings zu dem Schluss, dass das Vorbringen des Journalisten diesen Anforderungen nicht gerecht wird. Das Gericht erkennt in der Darlegung lediglich eine schlagwortartige Auflistung pauschaler Missstände. Es fehle, so das OLG, an inhaltlich konkretisierenden Angaben zu dem Anfangsverdacht des Journalisten. Das OLG betont zudem, dass genauere Angaben auch nicht mit Hinweis auf die Person des Grundstückseigentümers entbehrlich seien. Auch ergebe sich der Gegenstand der journalistischen Untersuchung nicht selbstredend aus der Bezeichnung der betroffenen Liegenschaft.

OLG München, Beschluss vom 20.04.2016, Az. 34 Wx 407/15

Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt das OLG in dem zweiten Verfahren, in welchem es sich mit der Einsichtnahme der Presse in das Grundbuch beschäftigte.

Hier bestätigt es das Einsichtnahmerecht eines Journalisten, da dieser im Beschwerdeverfahren seine auf das Einsichtsersuchen bezogene journalistische Tätigkeit konkretisiert hatte und zudem von ihm zu dem Thema bereits veröffentlichte Artikel vorgelegt hat.

Der Journalist habe hier hinreichend dargelegt, so das OLG, dass die Person des Eigentümers und seine finanzielle Situation für die Allgemeinheit von Bedeutung sei. Weiterhin erkennt das Gericht auch an, dass die Einsichtnahme auch geeignet sei, dem Informationsinteresse gerecht zu werden. Denn aus Abteilung I des Grundbuches werden sowohl die Eigentumsverhältnisse ersichtlich, als auch aus Abteilung III des Grundbuches die Belastung des Grundstückes mit einer Grundschuld oder Hypothek. Dies lasse somit einen Rückschluss darüber zu, ob eventuell nicht sogar der Verlust des Grundstücks droht.

Auch in diesem Verfahren betonte das OLG München nochmals, dass es nicht verfassungswidrig ist, das Einsichtnahmerecht von der Darlegung eines Einsichtsinteresses abhängig zu machen, da das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG mit dem Grundrechtsschutz der eingetragenen Person gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in einen angemessenen Ausgleich zu bringen ist (BVerfG, Bs. v. 28.08.2000, Az. 1 BvR 1307/91). Weiterhin wies es darauf hin, dass das Grundbuchamt zu prüfen habe, ob die Einsichtnahme dem Informationsanliegen auch Rechnung tragen könne oder ob die gewünschten Informationen auch auf einem einfacheren Weg, unter geringerer Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes des Eingetragenen, erlangt werden können (BVerfG, a.a.O.).


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