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ACTA Abkommen gescheitert

München 5. Juli 2012

„Mehr Gerüchte als Gehalt“ titelt die FAZ vom 4. Juli 2012 zum Scheitern des ACTA Abkommens im EU Parlament. Der Handelskommissar der Europäischen Kommission Karel De Gucht hatte vergeblich versucht, den Handelsausschuss des Parlaments von der Harmlosigkeit des Abkommens zu überzeugen. Am 4. Juli 2012 votierten von den 754 Europaabgeordneten 478 gegen das umstrittene Abkommen.

Doch was stand eigentlich wirklich zur Debatte? Wie die FAZ in ihrem Beitrag richtig erkennt, hatte es gegen das Abkommen ein „Trommelfeuer der Desinformation“ gegeben. Liest man den Text des Abkommens, so wird schnell klar, dass die im Internet und bei den Strassenprotesten befürchteten Orwellschen Überwachungsgespenste, die man als Ergebnis einer Ratifizierung des Abkommens befürchtete de facto unsinnig waren.

ACTA, ein internationaler Vertrag wie die bereits bestehenden Abkommen zum Urheberrecht TRIPS, WCT und WPPT, sah insbesondere Regelungen zum Urheberrecht und zum Markenrecht vor. Schon aus Artikel 1 ergab sich dass bestehende Regelungen, wie die des TRIPS Abkommens unangetastet bleiben sollten. Die Artikel 6 und 7 des gescheiterten ACTA Abkommens sahen den „Rechtsrahmen“ für die Durchsetzung der geistigen Eigentumsrechte vor, bestimmten also, dass die Mitgliedsstaaten effektive Möglichkeiten zum Schutz des Urheberrechts vorzusehen haben, nichts Neues für das deutsche Recht, das den effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte der Urheber schon immer garantiert.

Aber auch die vom Abkommen als „Mindeststandard“ vorgesehen Rechte gibt es im deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) schon lange. Artikel 8 Abs. 1 ACTA normiert den Unterlassungsanspruch zugunsten des Urhebers, der sich im deutschen UrhG in § 97 Abs. 1 UrhG befindet. Artikel 9 (1) ACTA sieht einen Schadensersatzanspruch bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung des Urheberrechts vor, einen Anspruch den es schon seit Urzeiten in § 97 Abs. 2 UrhG gibt. Allerdings weist die Formulierung des Textes des Schadensersatzanspruches in ACTA Besonderheiten auf, die dem deutschen Recht so nicht geläufig sein könnten. Dies war auch Gegenstand sachlich vernünftiger  Kritik am Abkommen.

Artikel 9 Abs. 5 ACTA hätte vorgesehen, dass Anwalts- und Gerichtskosten in Zivilprozessen um das Urheberrecht von der unterlegenen Partei zu tragen sind, eine Selbstverständlichkeit im deutschen Zivilprozessrecht. Hier geht das bestehende deutsche Recht sogar wesentlich weiter und normiert in § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG den Anspruch auf Ersatz von außergerichtlichen Abmahnkosten. Insbesondere diese Regelung führt in Deutschland dazu, dass es zu dem aktuellen „Abmahnwahn“ kommt, denn auf Abmahnungen spezialisierte Kanzleien wie Waldorf und Rasch verdienen Unsummen mit hundertausenden von Abmahnungen, die sie an Privatpersonen wegen Urheberrechtsverletzungen im Netz verschicken. Diese Rechtssituation ist – auf europäischer Ebene – in Deutschland singulär und führt dazu, dass es die kritisierten Massenabmahnungen de facto in Europa nur in Deutschland gibt.

Artikel 27 ACTA sah den heftig kritisierten Auskunftsanspruch gegen die Provider vor, den das deutsche Urheberrecht aber bereits in § 101 UrhG normiert hat. Zusammenfassend betrachtet hätte das ACTA Abkommen für das deutsche Urheberrecht wohl kaum etwas Neues gebracht, in Anbetracht teilweise unklarer Formulierungen ist es aber wohl letztlich zu begrüßen, dass das Abkommen seit dem 4. Juli 2012 wohl tatsächlich zu den Akten gelegt werden kann.

Zu diesem Ergebnis kamen auch die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion mit dem Obmann der FDP Fraktion im deutschen Bundestag im Ausschuss für Neue Medien MdB Jimmy Schulz, Professor Dr. Lehmann, Jürgen Enninger und Dr. Bernhard Knies zum Thema „Das Urheberrecht im Digitalen Zeitalter – was kommt nach ACTA?“.  Das Scheitern des wohl letztlich nutzlosen Abkommens wurde allgemein begrüßt.


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