Abmahnung erhalten? Kostenlose Erstberatung unter 089 472 433

BGH (Urt. v. 23.07.2015 – I ZR 83/14): Amazon verstößt durch Gutschein-Aktion bei Trade-in-Programm gegen Buchpreisbindung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (Urt. v. 23.07.2015 – I ZR 83/14 – Gutscheinaktion beim Buchankauf), dass die Ausgabe von kostenlosen Einkaufsgutscheinen an Teilnehmer des „Trade-in-Programms“ durch Amazon gegen die Buchpreisbindung verstößt. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Pressemitteilung des BGH.

Der Internethändler Amazon eröffnet seinen Kunden die Möglichkeit, über das Trade-in-Programm bestimmte gebrauchte Artikel, wie etwa Bücher, DVDs oder Videospiele, zu vorgegebenen Preisen einzusenden. Als Gegenleistung erhalten die Einsender einen Einkaufsgutschein, den sie anschließend bei Amazon zum Erwerb beliebiger Produkte verwenden können. Im Rahmen einer um die Jahreswende 2011/2012 durchgeführten Werbeaktion erhielten die Einsender von mindestens zwei Büchern neben dem Gutschein in Höhe des Warenwerts der eingesandten Artikel einen zusätzlichen Einkaufsgutschein über 5 €. Auch dieser konnte auf alle Produktkategorien eingelöst werden, auch für neue und damit preisgebundene Bücher.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. (Börsenverein) sah in dieser Aktion einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung und klagte gegen Amazon auf Unterlassung. Das Landgericht (LG) Wiesbaden (Urt. v. 16.08.2013 – 13 O 18/13) hielt die Ausgabe der Gutscheine für zulässig, das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. (Urt. v. 28.01.2014 – 11 U 93/13) verurteilte Amazon hingegen in der Berufungsinstanz zur Unterlassung. Der BGH hat die Entscheidung des OLG nun bestätigt.

Wer gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer verkaufe, habe nach § 3 S. 1 BuchPrG den durch den Verleger oder Importeuer festgesetzten Preis einzuhalten. Der Zweck der Buchpreisbindung bestehe nach § 1 BuchPrG darin, mittels der Festsetzung verbindlicher Preise ein umfangreiches und der breiten Öffentlichkeit durch eine große Anzahl von Verkaufsstellen zugängliches Buchangebot sicherzustellen. Der festgesetzte Preis werde dann eingehalten, wenn das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf preisgebundener Bücher in der Höhe des festgesetzten Preises vermehrt werde. Von einem Buchhändler ausgegebene Gutscheine dürften daher nur dann auf den Preis von preisgebundene Bücher angerechnet werden, wenn der Buchhändler für den jeweiligen Gutschein eine wertgleiche Gegenleistung erhalten habe. Zulässig seien daher etwa sog. Geschenkgutscheine, die der Buchhändler zum späteren Einlösen an seine Kunden verkaufe. Die Anrechnung von ohne Gegenleistung ausgegebenen Gutscheinen stelle hingegen einen Verstoß gegen § 3 S. 1 BuchPrG dar, da der Buchhändler hier im Ergebnis ein geringeres Entgelt als den festgesetzten Preis für das Buch erhalte. Dies sei auch dann der Fall, wenn ein Buchhändler von seinen Kunden gebrauchte Waren ankaufe und zusätzlich zu dem Ankaufpreis einen kostenlosen Gutschein ausgebe. Unerheblich sei dabei, dass es sich bei der Gutscheinausgabe und dem Erwerb des Buches um zwei selbständige, voneinander unabhängige Rechtsgeschäfte handle und ein Bezug zwischen diesen beiden erst durch die Kaufentscheidung des Kunden entstehe.

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins sprach in einer Pressemitteilung des Börsenvereins davon, dass die Entscheidung „ein wichtiger Erfolg für die Buchkultur, die Buchpreisbindung, für den Buchhandel und damit auch für die Leserinnen und Leser“ sei.

Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen. Die Ausgabe von kostenlosen Einkaufsgutscheinen stellt mangels Gegenleistung eine Verletzung der Buchpreisbindung dar, wenn die Gutscheine auch auf preisgebundene Bücher eingelöst werden können. Die Gewährung von Gutscheinen in Höhe des Warenwerts der eingetauschten Artikel wurde vom BGH hingegen konsequenterweise nicht beanstandet, da Amazon hier eine Gegenleistung erhalten hat. Diese besteht zwar anders als beim Kauf von Geschenkgutscheinen nicht in Geld, jedoch in dem Wert der eingesandten Produkte.

Die Ausgabe von Gutscheinen, die auf preisgebundene Bücher eingelöst werden können, hat die Gerichte in den letzten Jahren des Öfteren beschäftigt. So hat das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 20.07.2004 – 11 U 15/04 (Kart)) festgestellt, dass allein die Registrierung von Neukunden bei einem Online-Buchhändler keine ausreichende Gegenleistung darstelle, die die Gewährung eines Gutscheins rechtfertige. Das OLG Hamburg (Urt. v. 24.10.2012 – 5 U 164/11) hat entschieden, dass auch kostenlose Gutscheine, die nicht durch den Buchhändler selbst ausgegeben, sondern durch ein anderes Unternehmen finanziert werden, einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung begründeten. Der Buchhändler erhalte hier zwar den vollständigen Buchpreis, es entstehe jedoch ein Preiswettbewerb zwischen den einzelnen Buchhändlern, den das BuchPrG verhindern wolle.


Diesen Artikel teilen: