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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Veröffentlichung bearbeiteter Fotos dann nicht als Verletzung des Urheberrechts an dem ursprünglichen Foto zu werten ist, wenn es sich um eine Parodie handelt (Urt. v. 28.07.2016 – I ZR 9/15 – auf fett getrimmt).

Sachverhalt

Die Beklagte betreibt die Internetseite „BZ News aus Berlin“, auf der von August bis Oktober 2009 unter der Rubrik „Promis im Netz auf fett getrimmt“ Fotos von Prominenten veröffentlicht wurden, die mit einem Bildbearbeitungsprogramm verfremdet und als möglichst fettleibig dargestellt wurden.

Dabei wurde auch die Bearbeitung eines durch den Kläger angefertigtes Foto der Schauspielerin Bettina Zimmermann verwendet. Der Kläger sah in der Veröffentlichung des Fotos eine unberechtigte Nutzung und Entstellung seines Werkes. Zudem sei er nicht als Urheber genannt worden.

Das Landgericht (LG) Hamburg hat der Klage teilweise stattgegeben (Urt. v. 25.02.2011 – 310 O 233/10). Die gegen die teilweise Klageabweisung gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten vollständig abgewiesen (Urt. v. 04.12.2014 – 5 U 72/11). Die Beklagte habe zwar in die Rechte des Klägers aus § 13 UrhG, § 14 UrhG und § 19a UrhG eingegriffen, ein Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 1 und 2 UrhG sei jedoch abzulehnen, da eine freie Benutzung i.S.d. § 24 Abs. 1 UrhG vorliege.

Entscheidung des Gerichts

Der BGH hat festgestellt, dass zumindest mit der vom OLG Hamburg gegebenen Begründung eine freie Benutzung nicht bejaht werden könne.

Für eine solche sei nach ständiger Rechtsprechung des BGH erforderlich, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten Züge des geschützten älteren Werks verblassten. Dies könne sich auch bei einer deutlichen Übernahme der Formgestaltung durch einen inneren Abstand zwischen Originalwerk und Bearbeitung ergeben, wie dies etwa bei einer Parodie der Fall sei. Bei der Auslegung von § 24 Abs. 1 UrhG sei die Regelung aus Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (InfoSoc-RL) zu berücksichtigen, wonach die Mitgliedsstaaten Ausnahmen für die Nutzung zum Zwecke von Karikaturen, Parodien oder Pastiches vorsehen könnten.

Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bestünden die wesentlichen Merkmale einer Parodie darin, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Nicht erforderlich sei, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter habe, der nicht nur darin bestehe, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen. Auch müsse die Parodie nicht vernünftigerweise einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeschrieben werden können, das ursprüngliche Werk selbst betreffen oder das parodierte Werk angeben. Es müsse jedoch ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen und Rechten der Rechtsinhaber auf der einen und der freien Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Parodien beruft, auf der anderen Seite gewahrt werden (Urt. v. 03.09.2014 – C-201/13 – Deckmyn u.a./Vandersteen u.a.).

Das OLG Hamburg habe diese Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere sei im Rahmen der Interessenabwägung nicht gewürdigt worden, ob die erfolgte Bearbeitung des Fotos eine Entstellung des ursprünglichen Werkes i.S.d. § 14 UrhG darstelle. Weiterhin sei von Bedeutung, dass sich die Bearbeitung nicht unmittelbar mit dem Werk des Klägers auseinandersetze. Schließlich sei auch zu prüfen, ob durch die Veränderung des Werkes außerhalb des Urheberrechts liegende Rechte Dritter verletzt würden und der Urheber ein berechtigtes Interesse daran habe, dass ein Werk nicht mit einer solchen Rechtsverletzung in Verbindung gebracht werde.

Der BGH hat daher das Urteil des OLG Hamburg aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Bewertung

Erstmalig hatte sich der BGH nach der „Deckmyn“-Entscheidung des EuGH damit auseinanderzusetzen, wann die Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Rahmen einer Parodie zulässig ist. Er hebt dabei insbesondere das Erfordernis hervor, eine Abwägung zwischen den Interessen des Urhebers und des Nutzers vorzunehmen.

Hier muss beachtet werden, dass die Nutzung urheberrechtlich geschützte Werke nicht einfach mit dem Hinweis auf eine mehr oder weniger erkennbare Parodie möglich sein darf. Auf der anderen Seite sind jedoch an eine Parodie keine allzu großen Anforderungen zu stellen, um der Meinungs- und Kunstfreiheit zu genügen.

Aufgrund der bisher vom OLG Hamburg getroffenen Feststellungen tendierte der BGH dazu, eine freie Benutzung anzunehmen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich in dem weiteren Verfahren nicht doch noch Umstände ergeben, die zugunsten des Klägers sprechen.


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