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Überraschende Wende bei der Rechtsprechung des BGH zum Ärztebewertungsportal Jameda: Ärzte können jetzt doch ihre Löschung aus dem Jameda Portal verlangen. Nachdem der BGH noch im Jahr 2014 entschieden hatte, dass Ärzte grundsätzlich ihre „Zwangsbewertung“ im Portal dulden müssen (Urteil des BGH v. 23.9.2014 – BGH VI ZR 358/13), hat der BGH jetzt der Revision einer Kölner Dermatologin stattgegeben. Ihr Recht auf Speicherung ihrer personenbezogenen Daten aus § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BDSG überwiege in der neuen Konstellation das Rechte von Jameda auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG.

Doch wodurch unterscheidet sich der 2014 entschiedene Fall von dem jetzt heute entschiedenen?

Jameda hat sein Portal heute wesentlich stärker werblich ausgerichtet. Wie man sieht ist die Plattform eindeutig „zu sportlich“ geworden: Es gibt auf Jameda fast schon wie auch in der Medizin mit dem Kassen- und dem Privatpatienten zwei Gruppen von Ärzten: Einmal die „Zwangsbewerteten“, die Jameda also ohne deren Einwilligung in das Portal aufnimmt und dort von Patienten oft anonym bewerten läßt und zum anderen die „Premium-Kunden“ auf Jameda, also die zahlenden Kunden des Portals, denen Jameda erhebliche Vorteile gewährt:

Denn direkt neben dem Profil eines „zwangsbewerteten“ Arztes, wie dem der jetzt vor dem BGH erfolgreichen Kölner Dermatologin, platzierte Jameda zum Verdruss der Klägerin auch noch Werbung für in der Nähe gelegene „Premium-Kunden“-Ärzte, also die örtliche Konkurrenz. Und umgekehrt wird aber eine solche Werbung für nahegelegene andere Ärzte auf dem Profil eines „Premium-Arztes“ eben gerade nicht eingeblendet. Die Kölner Dermatologin hatte Jameda in den vorangegangenen Instanzen, in denen sie unterlegen war nach Informationen der FAZ „Schutzgelderpressung“ vorgeworfen.

Damit – so der BGH – verlässt Jameda aber die Position eines „neutralen Informationsvermittlers“ auf seiner Plattform. Die Rechte von Jameda auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG haben deshalb nun geringeres Gewicht als das „schutzwürdige Interesse“ der Ärztin an dem Ausschluss der Speicherung ihrer Daten bei Jameda (aus § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG).

Das ergibt sich aus der heutigen Pressemitteilung des BGH Nr. 034/2018. Die schriftlichen Entscheidungsgründe werden – wie beim BGH üblich – erst in einigen Monaten nachgereicht.

Bewertung der Jameda Entscheidung:

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie setzt der ausufernden Bewertungspraxis des Portals jetzt engere Grenzen. Betroffene Ärzte können jetzt wesentlich leichter ihre Löschung aus der zwangsweisen Aufnahme in das Jameda Portal erreichen. Jameda steht nun vor der Wahl, seine werbliche Praxis zugunsten von „Premium-Kunden“ zu überdenken oder muss alternativ die Löschung von zahllosen zwangsbewerteten Ärzten tolerieren.

Die FAZ berichtet, dass Jameda nach der Verkündung der Entscheidung des BGH „mit sofortiger Wirkung“ die Einblendung von Werbung von „Premium-Ärzten“ neben den Profilen der „Zwangsbewerteten“ entfernt habe. Der Geschäftsführer der Plattform Florian Weiss wird damit zitiert, dass Patienten auf Jameda nach vor vor „alle niedergelassenen Ärzte Deutschlands“ fänden. Mediziner könnten sich eben gerade „nicht aus Jameda löschen lassen“. Wie man sieht, will das Portal seine Pfründe so schnell nicht preisgeben.

Die Entscheidung des BGH hat unserer Meinung nach auch unmittelbare Auswirkungen auf andere Bewertungsportale, auf denen Betroffene zwangsweise aufgenommen werden. Sie setzt den Bewertungsportalen engere Grenzen, jedenfalls dann, wenn die Bewertung nicht im Einverständnis des Bewerteten erfolgt muss nach der BGH Jameda Entscheidung erheblich genauer abgewogen werden.

Lesen Sie doch hierzu auch ergänzend, wie Sie als betroffener Arzt gegen falsche und unrichtige Bewertungen vorgehen können.

Dokumente:

Pressemitteilung des BGH Nr. 034/2018.

Vorinstanzen:

Landgericht Köln vom 13. Juli 2016 – 28 O 7/16

Oberlandesgerichts Köln vom 5. Januar 2017 – 15 U 121/16 – AfP 2017, 164


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