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Wie aus einer aktuellen Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) hervorgeht, ist die „Freunde-finden“-Funktion, die das soziale Netzwerk „Facebook“ im Jahr 2010 angeboten hat, wegen unzumutbarer Belästigung der Empfänger und Irreführung der Nutzer wettbewerbswidrig (Urt. v. 14.01.2016 – I ZR 65/14 – Freunde finden).

Sachverhalt

Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände in Deutschland e.V. (vzbv), Beklagte ist die in Irland ansässige Facebook Ireland Ltd., die in Europa das soziale Netzwerk „Facebook“ betreibt.

Der Kläger wendet sich mit einem Unterlassungsanspruch gegen die von Facebook im Jahr 2010 angebotene Funktion „Freunde finden“. Bei dieser wurde der Nutzer dazu veranlasst, sein E-Mail-Adressbuch in den Datenbestand von Facebook zu importieren, daraufhin wurden an bisher noch nicht bei Facebook registrierte Personen Einladungs-E-Mails versendet. Nach Ansicht des Klägers soll die Funktion wettbewerbswidrig sein. Sie stelle eine belästigende Werbung dar und der Nutzer werde darüber getäuscht, in welchem Umfang die von ihm importierten E-Mail-Adressdaten von Facebook genutzt würden.

Das Landgericht (LG) Berlin hatte der Klage stattgegeben (Urt. v. 06.03.2012 – 16 O 551/10), die gegen die Entscheidung von Facebook beim Kammergericht (KG) eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg (Urt. v. 24.01.2014 – 5 U 42/12).

Entscheidung des Gerichts

Auch der BGH hat den geltend gemachten Anspruch bejaht und daher die Revision von Facebook zurückgewiesen.

Der Versand von Einladungs-E-Mails an Personen, die in den Erhalt der Nachrichten nicht ausdrücklich eingewilligt haben, stellt eine unzumutbare Belästigung i.S.d. § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UWG dar. Auch wenn der Versand der Nachrichten durch den bei Facebook registrierten Nutzer ausgelöst wird, sind diese Facebook als Werbung zuzurechnen, weil es sich um eine von der Plattform zur Verfügung gestellten Funktion handelt, mit der potentielle Nutzer auf „Facebook“ aufmerksam gemacht werden sollen. Die Empfänger der Nachricht verstehen die Einladungs-E-Mails nicht als private Nachrichten des registrierten Nutzers, sondern als Werbung von Facebook.

Weiterhin hat Facebook die registrierten Nutzer über Art und Umfang der Nutzung der importierten E-Mail-Kontaktdaten getäuscht, sodass eine irreführende Werbung i.S.d. § 5 UWG vorliegt. Der bei der Registrierung eingeblendete Hinweis „Sind deine Freunde schon bei Facebook?“ klärt nicht ausreichend darüber auf, dass die importierten E-Mail-Adressbücher ausgewertet werden und eine Versendung von Einladungs-E-Mails auch an Personen erfolgt, die noch nicht bei Facebook registriert sind. An der Irreführung ändern auch die weitergehenden Informationen nichts, die unter dem mit dem Text versehenen Link „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“ hinterlegten sind, da deren Kenntnisnahme durch den Nutzer nicht sichergestellt ist.

Bewertung

Für die Zusendung von Werbung per E-Mail stellt das Gesetz in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG strenge Voraussetzungen auf. Erforderlich ist eine vorherige ausdrückliche Einwilligung, solange nicht die enge Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG eingreift.

Der BGH hat bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2013 entschieden, dass es bei Empfehlungs-E-Mails unerheblich ist, wenn die Versendung auf dem Willen eines Dritten beruht. Entscheidend ist vielmehr, dass der Werbetreibende mit der Zurverfügungstellung der Empfehlungsfunktion Aufmerksamkeit für die von ihm angebotenen Leistungen bei potentiellen Kunden erhalten will (Urt. v. 12.09.2013 – I ZR 208/12 Rn. 19 – Empfehlungs-E-Mail). In der Entscheidung ging es um ebenfalls um einen Unterlassungsanspruch, jedoch nicht wegen eines Wettbewerbsverstoßes, sondern aufgrund einer Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs als „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB. Insoweit ist die vorliegende Entscheidung, die diese Grundsätze nun auch auf das Wettbewerbsrecht anwendet, konsequent.

Facebook hat seine „Freunde-finden“-Funktion mittlerweile verändert, der vzbv will jedoch prüfen, ob die Änderungen den im Urteil aufgestellten Anforderungen genügen. Möglicherweise geht der Streit also in eine zweite Runde.

Der vzbv führt derzeit auch noch ein weiteres Verfahren gegen Facebook. Vor dem LG Berlin geht es u.a. um die Frage, ob der von Facebook verwendete Werbespruch „Facebook ist und bleibt kostenlos“ eine irreführende Werbung i.S.d. § 5 UWG darstellt, da der Nutzer zwar keine Geld für den Dienst zahlen muss, aber dessen Nutzerdaten ausgewertet werden.


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