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Berlin – München 26. Juni 2013

Bundestag beschliesst Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Der Deutsche Bundestag hat am 26.6.2013 das von den Verbrauchern lange erwartete Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken beschlossen. Der vorläufige Text ist hier abrufbar. Mehr >

Im Gesetz finden sich für die unzähligen Verbraucher, die von Abmahnkanzleien abgemahnt wurden, mehrere wichtige Regelungen.

1. Fliegender Gerichtsstand gegenüber Verbrauchern abgeschafft

Der Gesetzgeber hat gegenüber Verbrauchern nun endlich den gefürchteten fliegenden Gerichtsstand aufgehoben, der von Kanzleien wie Waldorf (mit Klagen gegen Verbraucher überwiegend beim Amtsgericht München) oder Rasch (mit Klagen gegen Verbraucher beim Amtsgericht Köln, Frankfurt oder Leipzig) prozesstaktisch über lange Jahre ausgenutzt werden konnte: Die Verbraucher waren – entgegen der gesetzlichen Grundregel der Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz aus § 13 ZPO – gezwungen, sich oft hunderte Kilometer von ihrem Wohnort zu verteidigen, was alleine schon in zahllosen Fällen die Verteidigung für die Betroffenen unmöglich machte. Zudem konnten sich die Abmahnanwälte ihnen günstige Gerichtsstandorte auswählen.

Damit ist nun Schluss, im neuen § 104a UrhG heißt es zum Gerichtsstand:

„Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.“

2. Neuer Versuch zur Deckelung der Abmahnkosten

Die bereits seit 2008 gültige Regelung zur Deckelung der Abmahnkosten in § 97a Abs. 2 UrhG, die von vielen Gerichten bis heute leider nicht angewendet wird, ist vom Gesetzgeber nun durch eine neue Regelung ersetzt worden.

In § 97a Abs. 3 UrhG heißt es nun:

„Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000,00 EUR, wenn der Abgemahnte

1. eine natürliche Person ist, die nach

diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und

2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist

Der in Satz 2 genannte Wert ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.“

Damit dürfen Abmahnanwälte künftig gegenüber Verbrauchern nur noch € 130,50 für die Abmahnung geltend machen, (da die meisten Rechteinhaber vorsteuerabzugsberechtigt sein dürften, inklusive MwSt ergibt sich der meist genannte Betrag von € 155,30). Früher verlangten Kanzleien wie Waldorf regelmäßig € 506,00 und Rasch teils bis zu € 1.500,00 je Abmahnung.

Das Gesetz scheint hier besser formuliert zu sein, als die Vorgängerregelung, es bleibt zu hoffen, dass der letzte Satz des Gesetzestextes mit der Billigkeitsregelung nicht wieder erneut von den Gerichten dazu benutzt werden wird, die Anwendbarkeit der Norm als solche in Frage zu stellen.

3. Konkretisierungsanforderungen an die Abmahnung

Neu ist auch das Bestimmtheitsgebot bei der Abmahnung, das in § 97a Abs. 2 UrhG eingeführt wird. Der Abmahner muss den Verbraucher nunmehr klar und deutlich darüber informieren, wer der verletzte Rechteinhaber ist, die Rechtsverletzung muss nun genau bezeichnet werden, die geforderten Geldbeträge nach Schadensersatz und Aufwendungsersatz (also Anwaltskosten) aufgeschlüsselt werden, außerdem muss der Abmahner auch hinsichtlich der Unterlassungserklärung künftig genauer arbeiten, wenn etwa die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinaus geht.

Abmahnungen, die diese Erfordernisse nicht einhalten sind nach § 97a Abs. 2 UrhG unwirksam. Das dürfte die Mehrzahl der heute auf dem Markt grassierenden Abmahnungen betreffen.

4. Kostenerstattungsanspruch des Abgemahnten

Neu ist auch der nun in § 97a Abs. 4 UrhG geregelte Kostenerstattungsanspruch des Abgemahnten. Hier heißt es wie folgt:

Absatz (4): Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

Die eigentlich sinnvolle Regelung ist aber wohl in letzter Minute zugunsten der Rechteinhaber entschärft worden, denn durch das „Erkennbarkeitskriterium“ werden die meisten Gegenansprüche ins Leere laufen. Ein Abmahner wird etwa wohl selten erkennen können, dass die Abmahnung unberechtigt war, weil belehrte Kinder getauscht hatten und die Eltern nach BGH Morpheus dafür nicht haftbar gemacht werden können. Der Gegenanspruch dürfte also de facto wirkungslos bleiben.

5. Bewertung

Zusammenfassend kann man zu den urheberrechtlichen Bestandteilen des Gesetzesentwurfes, die wir hier kommentiert haben, feststellen, dass das Gesetz von Schwächen im Detail abgesehen, erfreuliche Neuerungen für die Abgemahnten mit sich bringt, wobei an erster Stelle die Deckelung der Abmahnkosten und dann natürlich auch die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes zu nennen wären.

Es fehlen im Gesetz aber nach wie vor Regelungen zu einer Vereinheitlichung und Begrenzung der Schadensersatzansprüche gegenüber Verbrauchern. Um dem grassierenden Missstand der Mehrfachabmahnungen vorzubeugenden und gleichartige Verstöße auch identisch zu ahnenden hielten wir es auch nach wie vor für sinnvoll darüber nachzudenken, die Verfolgung von privaten Urheberrechtsverletzungen etwa den Verwertungsgesellschaften (wie der GEMA) zu übertragen.


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