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Karlsruhe, 25.10.2012 – BGH VI ZR 262/09 (ZUM 2011, 122) und BVerfG 1 BvR 2720/11 v. 25.10.2012 (ZUM 2013, 122) „Eva Herman“

Zur Wiedergabe einer mehrdeutigen Äußerung in indirekter Rede „Interpretationsvorbehalt“.

Mit Beschluss vom 25.10.2012 hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde der bekannten Moderatorin gegen ein Urteil des Bundesgerichtshof nicht zur Entscheidung angenommen. Die Moderatorin hatte gerügt, dass die Entscheidung des BGH ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletze, weil sie mit ihrer Äußerung im Hamburger Abendblatt falsch wiedergegeben worden sei.

1. Die Entscheidung des BGH VI ZR 262/09

Vorausgegangen war dem Rechtsstreit eine Pressekonferenz der Moderatorin zur Bewerbung ihres neuen Buches „Das Prinzip Arche Noah – Warum wir die Familie retten müssen“. In dieser Konferenz hatte die Autorin zumindest mißverständliche Äußerungen im Zusammenhang mit Familie, der Zeit des Nationalsozialismus und den 68ern getätigt, die das Hamburger Abendblatt süffisant in einem Artikel verarbeitete. Das Blatt hatte dabei die Moderatorin nicht wörtlich zitiert, sondern deren Äußerung mittels indirekter Rede wiedergegeben. Dagegen klagte die Moderatorin.

Die Vorinstanzen hatten der Moderatorin überwiegend Recht gegeben und ihr Unterlassung und eine Geldentschädigung zugesprochen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidungen aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze zwar auch davor, dass die Presse Persönlichkeiten keine Äußerungen zuschreiben dürfe, die sie so nicht getätigt haben und die deren Privatsphäre berühren. Dabei wirke der grundrechtliche Schutz nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellenden Wiedergaben einer Äußerung.

Entscheidend sei aber letztlich, ob eine Äußerung mehrere Interpretationen zulasse oder nicht. Dabei sei das Verständnis eines Durchschnittslesers maßgeblich. Die Zeitung habe durch den süffisanten Ton hinreichend klar gemacht, dass Interpretationen möglich seien.

2. Der Beschluss des BVerfG v. 25.10.2012 1 BvR 2720/11

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde der Moderatorin gegen das Urteil des BGH nicht zur Entscheidung angenommen, weil die angegriffene Entscheidung ihre Grundrechte nicht verletze. Auch das BVerfG betont, dass eine Äußerung, die womöglich mehrere Interpretationen zulässt durch einen „Interpretationsvorbehalt“ als solche kenntlich gemacht werden muss. Ein solcher Interpretationsvorbehalt könne sich aber auch – wie hier – aus dem Stil des Artikels ergeben, der hier mit „Eine Ansichtssache“ überschrieben und in süffisantem Ton gehalten war. Der BGH sei also letztlich zur richtigen Abwägung gelangt.

3. Praxishinweis: Mehrdeutige Äußerungen müssen, wenn sie von der Presse zitierte werden, als solche kenntlich gemacht werden durch einen „Interpretationsvorbehalt“. Dem kann aber auch schon durch einen ironischen und süffisanten Stil des Artikels genügen getan werden.


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