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In der heutigen digitalen Wohlfühlwelt sind wir umsorgt von dutzenden „Plattformen, die die Welt bereichern“, so titelt die FAZ Sonntagszeitung am 26.11.17: Einkaufen bei Amazon, Hotel gebucht bei hrs.de Essen bestellt bei liefernado.de, die Klamotten bei zalando.de. Da  mag der Tod eines Einzelnen für eine gewissen Weile in der Netzwelt gar nicht auffallen. Nachrichten für einen Verstorbenen gehen per Email, Facebook, Linkedin oder Twitter weiter ein, bei Amazon oder Ebay bestellte Waren warten auf Zahlung einmal geschlossen Abonnements von Online-Mitgliedschaften bei Xing, Stayfriends, Myheritage.com der digitalen FAZ oder vielleicht sogar dem Seitensprungportal verlängern sich oft einfach automatisch ohne Zutun des schon gar nicht mehr lebenden Nutzers und werden auf dessen Konto abgebucht. Bei manchen kostenlosen Accounts mag das keinen finanziellen Schaden anrichten. Doch kann es auch befremdlich wirken, wenn das Facebook Profil weiter aktiv ist und Bilder vom letztlich Urlaub an der Côte d’Azur zeigt, während die Freunde und Familie vielleicht schon um einen lieben Verstorbenen trauern.

Viele machen sich über ihren digitalen Nachlass gar keine Gedanken: Eine Bitkom-Studie hat ergeben, dass ganze neun von zehn Internetnutzern ihren digitalen Nachlass nicht geregelt haben, und das obwohl die meisten ihre analogen Inhalte zunehmend digitalisieren. Oft liegt die Nachlässigkeit jedoch nur an unzureichenden Informationen. So geben knapp 80 % der Betroffenen an, sich um das digitale Erbe kümmern zu wollen, jedoch nicht wissen, welche Inhalte geregelt werden müssen und welche Rechte und Pflichten die Erben im Todesfall treffen. Rund ¾ der Deutschen sind in mindestens einem sozialen Netzwerk angemeldet, circa zwei Drittel nutzen diese Netzwerke aktiv. Angeblich sollen jeden Tag etwa xxx Personen versterben, die ein Facebook-Konto besitzen. Die Datenmenge, die den digitalen Nachlass in Deutschland darstellt, ist also enorm. Schon 2013 hatte die Bundesregierung die Bürger dazu aufgefordert, sich doch effektiver um ihren digitalen Nachlass zu kümmern. Für die Erben könne es sonst eine mühsame Spurensuche werden, nach bestehenden Konten und Passwörtern dazu.

Digitaler Nachlass was versteht man darunter?

Als Digitalen Nachlass oder Digitales Erbe bezeichnet man die Gesamtheit elektronischer Daten offline auf Heimrechnern oder anderen Datenträgern sowie online Daten im Internet und in der „Cloud“. Offline können sich auf Rechnern, Festplatten und Memory-Sticks oft Schätze finden, digitale Familienfotos, Aufzeichnungen, Manuskripte, Steuererklärungen, private Post, alles, was das digitale Leben eben so produziert. Hat man die Passwörter, dann ist es für die Erben einfach, sich auf den Geräten einzuloggen. Hat man sie nicht, so kann man mit bestimmten Tools zumindest versuchen, die Passwörter zu errechnen.

Online zählen dazu zählen auch alle Benutzerkonten, Vertragsbeziehungen und Mitgliedschaften in sozialen Netzwerken, eines Verstorbenen. Teils kann ein digitaler Besitzstand auch sehr wertvoll sein: Manche haben etwa auf ITunes für tausende Euro Musik, Filme und Bücher gekauft. Es stellt sich auch hier die Frage, wem welche „Rechte“ an einem solchen ITunes-Account (oder dem vergleichbaren Google Play Account) zustehen sollen. Ähnliche Fragen stellen sich für etwa auch für teure Apps, die ein Verstorbener auf seinem Smartphone installiert hatte.

Die meisten Verträge bestehen ja auch nach dem Tod des Betroffenen zunächst einmal weiter und können für die Erben in zweierlei Hinsicht eine Rolle spielen:

Zum einen müssen sie sich gegebenenfalls um Zahlung bestehender Verbindlichkeiten oder die Kündigung von bestehenden Verträgen kümmern, zum anderen haben sie möglicherweise ein Interesse an die persönlichen Daten, beispielsweise persönliche Mitteilungen, Emails oder Fotografien eines verstorbenen Verwandten zu gelangen.

Doch ist das gar nicht so einfach, wenn der Erblasser hierzu nichts geregelt hat. Die Erben haben hier in der Praxis oft erhebliche Schwierigkeiten:

Welche Handlungsmöglichkeiten haben die Erben ohne ausdrückliche Regelung des Verstorbenen? Löschung: Ja, Daten: Nein

Hat der Erblasser keine Regelungen für seinen digitalen Nachlass getroffen, so haben die Erben zwar meist die Möglichkeit eine Löschung der ihnen bekannten Konten des Erblassers zu erreichen, jedoch erhalten sie keinen Zugang zu den gespeicherten Daten des Erblassers.

Von den Erben kann, meist unter Vorlage der Sterbeurkunde und gegebenenfalls Übersetzungen, die Löschung der Nutzerkonten des Verstorbenen beantragt werden. Eine Kontolöschung hat allerdings meist die vollständige Löschung aller Daten des Kontos zur Folge, wenn keine entsprechende Regelung durch den Erblasser existiert.

Jedoch müssen die Erben auch erst einmal wissen, welche Konten und Verträge hier überhaupt bestehen, um die Löschung oder Kündigung vornehmen zu können.

Denn die Erben treten zwar in die vom Betroffenen in Anspruch genommenen kostenpflichtigen Dienste ein und haben daher auch die Pflicht, die Kosten hierfür zu tragen. Wenn die Erben allerdings nicht wissen, welche Verträge überhaupt bestehen, können sie diese natürlich auch nicht kündigen. So gibt es Fälle, in denen monate- und jahrelang Verbindlichkeiten weiter abgebucht werden, ohne dass den Erben dies bewusst ist. Denn um ein von den Unternehmen oftmals gewährtes Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen zu können, müssen die Erben natürlich zunächst überhaupt erst einmal Kenntnis von den laufenden Verträgen haben. Daher ist zumindest Liste über bestehende Verträge sehr wichtig, um die Gefahr von unbekannten monatelangen Abbuchungen zu mindern.

Die Kontolöschung ist also möglich, nur wie sieht es mit all den Daten aus? Sofern der Erblasser hierzu nichts Ausdrückliches geregelt hat, verweigern die Diensteanbieter die Datenherausgabe oft mit dem Hinweis auf das Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz. Das LG Berlin hat einen Facebook einer minderjährigen Verstorbenen allerdings für vererblich gehalten, so dass die Eltern Anspruch auf Zugriff hätten. Das Kammergericht Berlin hat die Entscheidung später auch und gerade mit Hinweis auf das als Grundrecht in Art. 10 GG verbürgte Fernmeldegeheimnis der Kommunikationspartner der hier Verstorbenen aufgehoben und einen Anspruch der Eltern auf Zugangsdaten verneint (KG Berlin, v. 31. Mai 2017, Az. 21 U 9/16). Auf den daraus resultierenden Konflikt zwischen dem Erbrecht und dem Fernmeldegeheimnis hat zuletzt auch der Deutsche Anwaltsverein kritisch hingewiesen. Es ergibt sich hier aktuell auch ein Wertungswiderspruch zwischen nachgelassenen Briefen aus Papier, die der Erbe ja ohne Zweifel lesen kann und darf und solchen in elektronischer Form, deren Zugang ihm möglicherweise aufgrund des Fernmeldegeheimnisses verwehrt bleibt.

Das bedeutet: Hat der Erblasser nichts zu seinem digitalen Nachlass geregelt, wird man kaum mehr auf die Daten in den Accounts zugreifen könnnen. Somit ist den Erben auch der Zugriff auf E-Mails oder andere gespeicherte Daten verwehrt, was gerade bei Bild- und Videomaterial für die Erben sehr schmerzhaft sein kann. Hat der Erblasser hingegen Passwörter und Zugangsdaten hinterlassen, dann können die Erben sich dort unproblematisch anmelden, da bei den meisten Onlinediensten ja gerade keine „persönliche Zugangskontrolle“ erfolgt, sondern meist Passwort und Benutzername ausreichend sind. Ohne die aber geht es nicht.

Daher ist es äußerst sinnvoll eine Liste seiner Konten, Mitgliedschaften, sozialen Profile an einem geeigneten Ort zu hinterlassen oder vielleicht auch einen digitalen Nachlassverwalter zu benennen und die gewünschten Regelungen vorzugeben.

Was sollte jeder Nutzer in Bezug auf seinen digitalen Nachlass regeln?

  1. Bestimmung eines digitalen „Nachlassverwalters“ als Möglichkeit

Eine denkbare Lösung ist es eine Person zu bestimmen, die nach dem Tod den digitalen Nachlass verwaltet. Dazu sollte der der Erblasser eine handschriftliche Vollmacht für diese Person erstelle, die neben seiner Unterschrift und dem Datum auch die Bevollmächtigung „über den Tod hinaus“ enthält. Außerdem muss das Schriftstück detaillierte Anweisungen geben, was mit den Daten im Einzelnen geschehen soll. Dazu gehören beispielsweise die Löschung bestimmter Konten, die Schaltung gewisser Konten in die „Erinnerungsfunktion“, die Verwaltung der im Netz befindlichen Bilder, Inhalte oder auch die Geheimhaltung gewisser Daten vor Angehörigen. Je genauer die Anweisungen vorgenommen werden, um so besser. Auch in Bezug auf dies die vorhandenen Endgeräte (Rechner, Smartphone, Tablets) kann man mit genauen Anweisungen, was mit den darauf gespeicherten Daten geschehen soll, sinnvolle Regelungen treffen. Der Vorteil einer solchen Bevollmächtigung ist, dass der digitale Nachlassverwalter – die bevollmächtigte Person – unabhängig von der Ermittlung und dem Willen der Erben tätig werden kann. Die Vollmacht sollte nach ihrer Erstellung dem digitalen Nachlassverwalter ausgehändigt werden. Es empfiehlt sich auch, die Erben darüber zu informieren, dass man einen digitalen Nachlassverwalter bestimmt hat.

  1. Übersicht über alle bestehenden Konten und Passwörter

Darüber hinaus sollte der Erblasser eine Übersicht erstellen, die alle bestehenden Nutzerkonten mit Benutzernamen und Passwörtern auflistet. Diese Liste sollte möglichst jährlich aktualisiert werden, damit sie im Todesfall nicht überholt und damit unbrauchbar ist. Besonders wichtig können E-Mail Postfächern des Betroffenen sein, die oftmals Hinweise auf bestehende Verbindlichkeiten mit Vertragspartnern enthalten. Eine solche Übersicht sollte man entweder schriftlich und verschlossen in einem Umschlag oder in digitaler Form auf einem USB-Stick – am besten mit einem Passwort gesichert oder verschlüsselt – zuhause, an einem sicheren Ort, in einem Bankschließfach oder auch bei einer anderen Vertrauensperson aufbewahren. Am besten an einem Ort, an dem die Aktualisierung der Daten jederzeit leicht möglich ist. Hat man einen digitalen Nachlassverwalter benannt, so sollte er darüber natürlich in Kenntnis gesetzt werden, wo diese Liste sich befindet.

Beliebt zur Verwaltung von Online-Passwörtern für Amazon, Ebay, Facebook, Twitter und Co. sind zwischenzeitlich auch Apps wie „One-Pasword“, „Lastpass“ oder „Password Safe“, die alle Passwörter an einem sicheren Ort speichern und meist auch synchronisieren. Benutzt man derartige Apps, so muss man seinen Erben, oder einem digitalen Nachlassverwalter nur die Zugangsdaten zum Rechner oder Smartphone und das eine Passwort der App hinterlassen, damit diese dann auf die jeweiligen Konten und Mitgliedschaften Zugriff haben.

Auf was ist zu achten, wenn ein Unternehmen mit der Verwaltung beauftragt wird

Inzwischen gibt es auch Unternehmen, die eine Verwaltung des digitalen Erbes kostenpflichtig anbieten. Nimmt man solche Dienste in Anspruch, so ist jedenfalls auf Seriosität und einen datenschutzkonformen Umgang der Unternehmen mit den privaten Daten zu achten. Hierzu gibt es bislang noch kaum Erfahrungswerte, so dass wir eher zu den oben geschilderten Möglichkeiten raten würden.

Google bietet zwischenzeitlich für seine Email Konten eine Lösung an, über die die Funktion des sogenannten Kontoaktivität-Managers an, die in den Einstellungen des Google-Kontos gefunden werden kann. Mit diesem Tool kann man darüber verfügen, was mit den E-Mails dort und den Daten in anderen Google-Produkten passieren soll, wenn das Konto inaktiv werden sollte.


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