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DSGVO und UWG: Sind Abmahnungen von Wettbewerbern wegen Verstößen gegen die DSGVO rechtlich zulässig?

Im Vorfeld des Inkrafttretens der DSGVO ist in den Medien eine wahre Abmahnwelle befürchtet worden. Politisch sind solche Abmahnungen jedenfalls unerwünscht: So will die Unionsfraktion nach einer Meldung der Welt einschreiten und teure Abmahnungen stoppen, das sollte noch vor der Sommerpause geschehen, ist aber bislang noch ungeklärt. Bayern hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der DSGVO Abmahnungen explizit von § 3 UWG ausnehmen soll.

Die große Abmahnwelle ist bislang zwar ausgeblieben, nur vereinzelt wurden Friseure und andere Kleingewerbetreibende wegen fehlerhafter Datenschutzerklärungen auf ihren Websites abgemahnt. Doch wie ist nun die aktuelle Rechtslage und wie sollte man sich im Falle einer Abmahnung verteidigen?

Sind Abmahnungen von Wettbewerbern nach der DSGVO rechtlich zulässig?

Die rechtliche Diskussion darüber, ob wettbewerbsrechtliche Abmahnungen ganz generell überhaupt zulässig sind, ist in vollem Gange. Gerichtliche Entscheidungen, die Klarheit bringen könnten, gibt es in der kurzen Zeit seit dem Inkrafttreten der DSGVO keine, und vermutlich wird es auch noch eine gute Weile dauern, bis tatsächlich die ersten Entscheidungen vorliegen. Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage durch den BGH können aber noch viele Jahre ins Land gehen.

Jetzt hat sich mit Prof. Dr. Helmut Köhler einer der bekanntesten deutschen Wettbewerbsrechtler in seinem Standardkommentar zum UWG – „Köhler/Bornkamm/Feddersen“ zu Wort gemeldet.

Köhler schließt sich dem schon vielfach auch auf verschiedenen Websites zitierten Argument an, dass die Regelungen der DSGVO zu dem Sanktionen bei Verstößen in den Art. 77 bis 84 DSGVO abschließend seien. Sie sehen jedenfalls keine Abmahnungen durch Wettbewerber vor, sondern fokussieren sich eher auf Rechte des Betroffenen, der beim Missbrauch seiner Daten gegen den Verantwortlichen vorgehen kann, etwa durch ein Beschwerderecht bei der Aufsichtsbehörde (Art. 77 DSGVO) oder durch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gegen den Verantwortlichen nach Art. 82 DSGVO. Zudem sollen Verstöße gegen die DSGVO insbesondere auch Bußgeldbewehrt sein, Art. 83 DSGVO. Zu Rechten von Wettbewerbern sagt die DSGVO wenig: In Art 80 Abs. 2 DSGVO gibt es lediglich eine Klausel, die es dem nationalen Gesetzgeber erlaubt, Wettbewerbsvereinen Abmahnungen von Verstößen gegen die DSGVO zu ermöglichen.

Jedenfalls Köhler vertritt nun deshalb die gewichtige Auffassung, dass Verstöße gegen die DSGVO von Wettbewerbern generell nicht abgemahnt werden können. Er schreibt (36. Auflage 2018, § 3a Rn. 1.40a und 1.74b, Köhler):

„Die […] Datenschutz-Grundverordnung, VO (EU) 2016/679) enthält in den Art. 77 – 84 DSGVO (Kap. VIII Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen) eine grundsätzlich abschließende Regelung (Ausnahme. Art. 80 II DSGVO). Verstöße gegen die DS-GVO können daher nicht nach § 3a verfolgt werden.

 Auch und gerade unter Geltung der DS-GVO ist es daher ausgeschlossen, mittels einer Anwendung des § 3a [UWG] auch Mitbewerbern iSd 8 III Nr. 1 [UWG] eine Anspruchsberechtigung und Klagebefugnis nach § 8 I [UWG] zuzusprechen.“

Online Kommentatoren wie Plutte und Stadler verweisen allerdings auch darauf, dass auch eine bestehende Rechtsprechung zum alten Bundesdatenschutzgesetz (BSDG) gibt, die allerdings auch uneinheitlich war in Bezug auf die damalige Frage, ob der alte § 13 TMG eine wettbewerbsrechtlich relevante Regelung darstellte (Plutte, mit Verweis auf OLG Hamburg, Urteil vom 27.06.2013, 3 U 26/12; LG Köln, Beschluss vom 26.11.2015, Az. 33 O 230/15; LG Hamburg, Beschluss vom 07.01.2016, 315 O 550/15, die dies bejahen).

Die endgültige Verortung der Vorschriften der DSGVO im Wettbewerbsrecht mag also noch eine Weile dauern.

Was tun bei einer DSGVO Abmahnung?

Erhält man eine der heute noch sehr seltenen Abmahnungen von Wettbewerbern, die etwa eine fehlerhafte Datenschutzerklärung abmahnen, dann ist die Rechtslage also letztlich ungeklärt. Unseres Erachtens sprechen aber gute Gründe für die Verteidigung, schon basierend auf dem Argument von Köhler. Auf eine Abmahnung sollte man – wie stets – insofern nicht ungeprüft zahlen und unterschreiben.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass wettbewerbsrechtliche Abmahnungen bei DSGVO Verstößen noch zulässig sind, sind Voraussetzungen für berechtigte Abmahnung jedenfalls hoch:
 
 
 Nach §§ 3a, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG muss eine Abmahnung folgende Voraussetzungen erfüllen:
  1. Konkretes Wettbewerbsverhältnis iS des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG

Zunächst muss zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG bestehen. Das setzt zunächst einmal voraus, dass die betroffenen Unternehmen die gleichen oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen versuchen. Der durch die Abmahnung beanstandete Wettbewerbsverstoß muß auch das abmahnende Unternehmen in seinem Absatz behindern oder stören (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht 26. Aufl, Rz. 59 zu § 2 UWG m.w.N.). Dazu ist es notwendig, dass die Wettbewerbshandlung des angegriffenen Unternehmens den Absatz eines anderen Unternehmens negativ beeinflussen könnte. Dabei muss allerdings noch keine konkret eingetretene Beeinträchtigung vorliegen, auch auf die Intensität der Störung kommt es nicht entscheidend an, (vgl. Köhler, a.a.O., Rz. 70 zu § 2 UWG). )

  1. Unlautere Handlung nach § 3a UWG

Die verletzte Norm muss (1.) das Marktverhalten regeln und (2.) zumindest auch dem Schutz der Interessen der Marktteilnehmer dienen.

Danach handelt nur derjenige unlauter, der einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.  Marktteilnehmer sind neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen auftreten.

3. Fazit zu den aktuell kursierenden DSGVO-Abmahnungen:

Oft könnte es schon bei den aktuellen DSGVO-Abmahnungen schon an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis fehlen. In Fällen, in denen etwa Hamburger Kosmetiker gegenüber bayerischen Friseuren DSGVO-Verstöße abmahnen, konkurrieren die beiden Unternehmen schon aus örtlichen Gründen meist nicht um den selben Kundenkreis.

Zudem muss geprüft werden, ob die verletzte Norm das Auftreten am Markt regelt, sie muss also eine „Marktverhaltensregel“ sein. Und gerade diese Frage ist bei den DSGVO Regeln eben sehr umstritten.

4. Wie kann eine sinnvolle Verteidigung gegen eine DSGVO-Abmahnug aussehen?

Eine sinnvolle Verteidigung kann darin bestehen, eine fehlerhafte Datenschutzerklärung umgehend zu korrigieren (denn es könnten ja wie oben geschildert in jedem Fall auch andere Sanktionen wie empfindliche Bußgelder drohen) und dem Gegner dadurch den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass man mit modifizierter Unterlassungserklärung und der Zurückweisung der gegnerischen Kosten reagiert. Dann kann der Gegner nur im kostengünstigen „kleinen UWG-Prozess“ um die Abmahnkosten eine vielleicht interessante Entscheidung darüber erstreiten, ob der Verstoß gegen die DSGVO tatsächlich auch ein Wettbewerbsverstoß ist.

Siehe dazu auch das BR Interview unserer Rechtsanwältin Julia Berger hier für die Verbraucherzentrale Bayern:


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