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BGH „Sommer unseres Lebens“ I ZR 69/08 vom 29.4.2010 (GRUR 2010, 633)

als JUR PC Dokument 114/2010 online abrufbar

Mit der Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ hat der BGH das erste lang erwartete Urteil zum Thema Filesharing gesprochen. Dabei hat das höchste deutsche Zivilgericht zu mehreren streitigen Fragen des „Filesharingrechts“ Stellung genommen und damit viele offene Fragen endgültig geklärt. Zwei wichtige Punkte finden sich im Urteil selber, eine ist der Pressemitteilung zum Urteil zu entnehmen.

Über folgenden Sachverhalt hatte der BGH zu entscheiden: Die streitgegenständliche Abmahnung stammte aus der Kanzlei von Kornmeier. Es ging um einen Titel des Künstlers Sebastian Härmer „Sommer unseres Lebens“. Nur dieser einzelne Titel war über die Tauschbörse „eMule“ über den Anschluss des Beklagten zum Tausch angeboten worden. Kornmeier forderte in seiner Abmahnung die Abgabe einer Unterlassungserklärung, weiter Schadensersatz für den einen Titel in Höhe von pauschal € 150,00 und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 325,90. Der betroffene Anschlussinhaber und Abgemahnte hatte sich damit verteidigt, dass er selber für den Tausch nicht verantwortlich gewesen sei und selber während des fraglichen Zeitpunkts im Urlaub war. Sein W-LAN hatte er aber nicht mit einem persönlichen Kennwort versehen, sondern es bei den werksseitigen Standardsicherheitseinstellungen belassen.

I. Die neue Störerhaftung für den Unterlassungsanspruch

Mit seinem Grundsatzurteil zum Filesahring hat der BGH die bereits bekannte Störerhaftung eindeutig gestärkt, er hat sich dabei auf die schon von ihm eingeführten Grundsatz, dass „als Störer derjenige in Anspruch genommen werden kann, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich oder adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechtes beiträgt.“ Beschränkt wird diese weite Haftung, ebenfalls in der ständigen Rechtsprechung des BGH durch die sogenannte Verletzung von Prüfpflichten und die Frage ob und inwieweit im streitigen Fall solche Prüfpflichten zumutbar sind (BGH, a.a.O., Rz. 19). Im streitigen Fall hat der BGH geurteilt, dass der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten W-LAN-Anschlusses kausal für die Urheberrechtsverletzung war, der Betreiber des W-LANs also als Störer auf Unterlassung haftet (Rz. 20 des Urteils).

Allerdings besteht eine solche Sicherungspflicht nach dem Urteil nur bei der Einrichtung des W-LAN-Netzes. Hier muss der Anschlussinhaber einmal Sorge dafür tragen, dass die dann aktuellen Sicherungseinstellungen eingestellt waren, das Gericht spricht von „zum Kaufzeitpunkt marktüblichen Sicherungen“ (B.G.H., a.a.O., Rz. 34). Es besteht also keine Pflicht ein einmal eingerichtetes W-LAN ständig neu sicherheitstechnisch zu überprüfen.

Praxishinweis 1: Für die Praxis und die Beurteilung Ihres Falles ergibt sich daraus, dass auf Abmahnungen tunlichst mit einer sogenannten modifizierten Unterlassungserklärung reagiert werden sollte, denn nach diesem Urteil des BGH ist die Gefahr deutlich gestiegen, dass Anschlussinhaber als Störer für Urheberrechtsverletzungen von Dritten haftbar sind.

II. Keine Störerhaftung für den Schadensersatzanspruch

Zweitens und auch das dürfte für Ihren Fall wichtig sein, hat der BGH die lange streitige Frage entschieden, dass es keine Störerhaftung für den Schadensersatzanspruch gibt.

Hierzu heißt es beim BGH (Rz. 17 des Urteils): „Haftet der Beklagte nicht als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung, scheidet ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus“.

Praxishinweis 2: Das bedeutet für die Zukunft: Die von den Abmahnern stets in den Raum gestellten Ansprüche auf Schadensersatz scheiden jedenfalls dann aus, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass der Anschlussinhaber selber für die Rechtsverletzung verantwortlich war.

III. Deckelung der Abmahnkosten, § 97 a Abs. 2 UrhG bestätigt

Zwar nicht im Urteil, wohl aber in der Pressemitteilung zum Urteil Nr. 101/2010 hat der BGH zu der heiß diskutierten Frage Stellung genommen, ob die sogenannte „Deckelung der Abmahnkosten“ des § 97a Abs. 2 UrhG, also die 100 Euro-Regelung auf Filesharing Fälle generell Anwendung findet.

Die Abmahner haben das bislang stets bestritten (und tun das auch heute noch). Lesen Sie hierzu unseren Beitrag „Filesharing und Deckelung der Abmahnkosten auf € 100,00“. Mit der Pressemitteilung dürfte aber nunmehr klar sein, dass über die Frage „ob“ die Deckelung der Abmahnkosten bei Filesharingfällen gilt nicht mehr ernsthaft gestritten werden kann.

Praxishinweis 3: Die Verteidigung gegen die hohen Anwaltsgebühren der Abmahner wird mit diesem Urteil mehr als erfolgversprechend


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