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Inzwischen ist das Veröffentlichen von Kinderfotos auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken weit verbreitet. Viele Eltern teilen online unbekümmert die privaten Schnappschüsse des Nachwuchses mit Freunden oder dem ganzen Web – abhängig davon, ob die Privatsphäreeinstellungen des jeweiligen Benutzers sozialer Internetplattformen den Zugriff auf eigene Posts nur den virtuellen Freunden und Bekannten oder gar jedermann erlauben. Die wichtigste Frage, die sich hier stellt: Wie viel dürfen Eltern preisgeben und wo wird es unzulässig?

Das Recht am eigenen Bild – Das besondere Persönlichkeitsrecht

Jedermann ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das sich aus dem Grundgesetz gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ableitet, in seiner eigenen Persönlichkeit und damit auch in seiner medialen Darstellung, geschützt. Es handelt sich um ein verfassungsrechtlich garantiertes Recht. Daneben bestehen sogenannte besondere Persönlichkeitsrechte, wie etwa das Recht am eigenen Bild. Man spricht hier von einem „besonderen“ Persönlichkeitsrecht, weil es sich um ein näher benanntes Persönlichkeitsrecht handelt. Das Recht am eigenen Bild gibt dem Abgebildeten das Recht, über die Verwendung von Bildaufnahmen auf denen er zu sehen ist, selbst zu bestimmen und auch einer Veröffentlichung zuzustimmen oder zu widersprechen. Einschlägige Regelungen dazu finden sich im einfachen Recht in den §§ 22 ff. KUG (Kunsturhebergesetz). Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht allen natürlichen Personen zusteht, sind auch Kinder vom Schutzbereich erfasst – natürlich ganz unabhängig von ihrem Alter.

Kinder sind darüber hinaus besonders schutzbedürftig und genießen das Recht der ungehinderten Entfaltung ihrer Persönlichkeit (BGH, Bs. v. 31.03.2000, Az. 1 BvR 1454/97).

Allerdings – und für viele Kinder heutzutage problematisch – obliegt es den gesetzlichen Vertretern des Kindes, Entscheidungen über Eingriffe in dessen Privatsphäre zu treffen, wenn das Kind aufgrund seines Alters seine Rechte nicht kennen kann und auch nicht einfordern kann. Konkret bedeutet das, dass die Eltern, sofern sie die gesetzlichen Vertreter des Kindes sind, die gemäß § 22 KUG erforderliche Einwilligung zur Verbreitung oder Veröffentlichung erteilen können, bis die notwendige Einwilligungsfähigkeit des Kindes eintritt. Eine solche Einsichtsfähigkeit ist gewöhnlich ab dem 14. Lebensjahr anzunehmen.

Den meisten stolzen Eltern, die heute so gerne sich und ihre Kinder auf Facebook posten, dürfte diese Rechtslage gar nicht bewusst sein.

Denn eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Kindes kommt trotz der Einwilligungsbefugnis der Eltern auch dann in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen und die Rechte des Sprösslings erheblich beeinträchtigt werden. Das gilt vor allem für die Veröffentlichung von Nacktfotos – sei es das Strandbild aus dem Urlaub oder die Aufnahme beim Platschen aus der heimischen Badewanne. Denn durch solche Veröffentlichungen wird massiv in die Intimsphäre des Kindes eingegriffen.

Es besteht hier zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass das Kind nicht nur Unterlassungsansprüche gegen die Eltern geltend macht, sondern auch den Ersatz des immateriellen Schadens in Form einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG fordert. Im Ernstfall käme sogar eine Strafbarkeit der Eltern nach § 201a StGB in Betracht.

Jedoch wird der rechtlichen Durchsetzung dieser Ansprüche nicht selten eine abgelaufene Verjährungsfrist entgegenstehen.

Fehlende Medienkompetenz

Häufig wird von den Eltern fahrlässig verkannt, dass auch nach einer Löschung der Aufnahmen aus den Internetplattformen die Dateien immer wieder im Web erscheinen können. Denn trotz vermeintlich sicherer Privatsphäreeinstellungen erteilt man beispielsweise Facebook durch das Akzeptieren der allgemeinen Geschäftsbedingungen eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jedweder IP-Inhalte, die man auf bzw. im Zusammenhang mit Facebook postet (IP-Lizenz). Diese IP-Lizenz endet, wenn man die IP-Inhalte – also Fotos oder Videos – oder das Konto löscht; es sei denn, die Inhalte wurden mit anderen geteilt und diese haben die Inhalte nicht gelöscht. Das heißt: Der Benutzer des Accounts kann mit den Fotos verfahren wie er möchte, räumt allerdings Facebook ein Nutzungsrecht an den hochgeladenen Dateien ein. Außerdem sichert sich Facebook die Möglichkeit der Weiterleitung an Dritte, beispielsweise Werbepartner, durch die AGBs. Dies mag zwar rechtlich zu beanstanden und rechtswidrig sein, eine Durchsetzung gegenüber Facebook jedoch ebenso schwierig.

Appell an die Vernunft

Eltern sollten es deswegen besser unterlassen, Aufnahmen der eigenen Kinder auf Internetplattformen zu veröffentlichen.

Es gehört zum verantwortungsvollen Umgang, die möglichen Folgen einer Veröffentlichung im Hinblick auf das Kindesinteresse abzusehen und das Interesse des Kindes nicht nur zu berücksichtigen, sondern dieses auch wahrzunehmen. Das Posten des privaten Bildmaterials der eigene Sprösslinge in sozialen Netzwerken hat nämlich wenig damit zu tun, mit engen Freunden schöne Erlebnisse zu teilen, sondern gleicht einem zur-Schau-stellen der persönlichen Lebensverhältnisse. Zudem ist nicht abzusehen, inwieweit Kinder in ihrem weiteren Leben aufgrund der von den Eltern veröffentlichten Bildaufnahmen mitunter sogar mit belastenden Spätfolgen wie etwa Cybermobbing zu kämpfen haben. Als Vergleich sollten Eltern lieber öfter an die eigenen Kinderfotos in den elterlichen analogen Fotoalben denken, die dort – wie beruhigend zu wissen – sicher und unöffentlich verwahrt werden.

Das in § 1626 Abs. 2 BGB verankerte Mitspracherecht des Kindes sollte bei Entscheidungen der Eltern immer Berücksichtigung finden.

SLS / bk


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