Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken:
Das Bundesjustizministerium bereitet ein umfangreiches Gesetzespaket gegen unseriöse Geschäftspraktiken vor. Die Rechte der Userinnen und User im Internet sollen durch mehr Transparenz gestärkt werden. Der Missbrauch von Abmahnungen und Inkasso, gerade wegen der Nutzung moderner Kommunikationsmittel, soll bekämpft werden. Die Entwürfe werden momentan in der Bundesregierung abgestimmt.
München, 15. April 2012 – Die Bundesregierung reagiert auf den Abmahnwahn in Deutschland, wohl auch beeinflussst durch den wachsenden Erfolg der Piraten Partei.
Das Bundesjustizministerium hat auf seiner Website die Pläne der Bundesregierung zum Schutz von Verbrauchern vor unseriösen Abmahnungen veröffentlicht. Hierzu gibt es mittlerweile auch einen Referentenentwurf.
Neben Regelungen zur Verbesserung des Datenschutzes, zum Schutz vor Telefonwerbung und dem Inkassounwesen dürften insbesondere die geplanten Regelungen zu den urheberrechtlichen Massenabmahnungen eine echte Hilfe für die Verbraucher darstellen.
1. Neufassung der Deckelung der Abmahnkosten im Urheberrecht
Geplant ist die Konkretisierung der Deckelung der Abmahnkosten des bisher leider sehr ungenau gefaßten § 97a Abs. 2 UrhG. Hier sind bis heute einige Gerichte (darunter das Amtsgericht München) der fragwürdigen Auffassung, dass diese für Abmahnungen etwa wegen Filesharings nicht gelten soll.
Der Gesetzgeber will dies nun endlich klarstellen. In einem Positionspapier des Justiz-Ministeriums heisst es hierzu:
„Im Urheberrecht wird missbräuchlichen Abmahnungen der finanzielle Anreiz genommen. Die geltende Deckelung der Gebühren für Erstabmahnungen hat sich nicht bewährt, weil sie bisher nur für „einfach gelagerte Fälle mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung“ gilt. In der Praxis blieb oft unklar, was genau darunter zu verstehen ist. In Zukunft soll mit klar bestimmbaren Tatbestandsmerkmalen ein niedriger Einheitsstreitwert für alle Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gegenüber Privatpersonen gelten, die vom jeweiligen Rechtsinhaber noch nicht berechtigt abgemahnt worden sind. Das führt bei Erstverletzern zu einer Kostenbelastung von unter 100 Euro. Urheberrechtliche Schadensersatzansprüche und daraus resultierende Kosten bleiben unberührt. Außerdem soll durch die Einführung eines Gegenanspruchs die Position des Abgemahnten gegenüber einem missbräuchlich Abmahnenden gestärkt werden. Der Abgemahnte soll den Ersatz seiner Rechtsverteidigungskosten verlangen können.“
Der Referentenentwurf formuliert hierzu wie folgt:
„In einer Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch 500 Euro, wenn der Beklagte
1. eine natürliche Person ist, die urheberrechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.“
2. Einschränkung des fliegenden Gerichtsstandes:
Eine weitere Ungerechtigkeit stellt bis heute der sogenannte „fliegende Gerichtsstand“ dar, nach dem – abweichend von der Prozessregel – Abgemahnte statt an ihrem Wohnsitz bundesweit vor einigen Gerichten (etwa dem Amtsgericht München) verklagt werden können, die teils weit von ihrem Wohnort entfernt liegen. Dies stellt (bislang) eine erhebliche Schwierigkeit bei der Verteidigung von Abgemahnten dar. Denn der Abmahner kann sich den ihm günstigsten Gerichtsstand aussuchen (oft München oder Köln) und die Abgemahnten müssen sich weit entfernt verteidigen. Hierzu heisst es im Positionspapier:
„Der sog. fliegende Gerichtsstand wird eingeschränkt. Damit wird verhindert, dass Abgemahnte vor einem Gericht verklagt werden, das weit entfernt von ihrer Niederlassung oder ihrem Wohnsitz liegt.“ Die Formulierungen im Referentenentwurf sind im Moment allerdings (leider) nur auf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen bezogen, nicht auf die zahlenmäßig vermutlich weit häufigeren Fälle im Urheberrecht (dies bedauert wohl auch die Kommentierung des Entwurfs auf der Website des Münchner Instituts für Urheber- und Medienrecht). Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert in einem Positionspapier den fliegenden Gerichtsstand im Urheberrecht gegenüber Verbrauchern, weil er „die Rechteinhaber begünstige und zu einer einseitigen Entscheidungspraxis führe“. Dem ist in der Tat zuzustimmen.
Nach dem Entwurf soll das Wettbewerbsrecht soll hier in § 14 Abs. 2 UWG wie folgt geändert werden:
„§ 14 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
?(2) Für Klagen aufgrund dieses Gesetzes ist außerdem nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist, wenn der Beklagte im Inland weder eine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung noch einen Wohnsitz hat.?
Im Urheberrechtsgesetz gibt es bislang keine Zuständigkeitsregelungen für die örtliche Zuständigkeit von Gerichten. Die (bundesweite) Zuständigkeit von Gerichten für Urheberrechtsstreitigkeiten folgern einige Gerichte (wie etwa das Amtsgericht München oder das Amtsgericht Köln) aus eines sehr weiten Auslegung des § 32 ZPO. Die bundesweite Zuständigkeit macht für Rechtsstreitigkeiten mit geschäftlichem Hintergrund seit langem Sinn und sollte deshalb auch nicht geändert werden. Gegenüber Verbrauchern und Privatpersonen sollte dies aber dringend geändert werden, um zu verhindern, dass geschäftsmäßig abmahnende Kanzleien wie etwa Rasch und Waldorf zu Lasten der Verbraucher die örtliche Zuständigkeit beeinflussen können. Es würde sich deshalb anbieten hier eine (beschränkte) örtliche Zuständigkeitsregelung einzuführen.
Ein Formulierungsvorschlag hierzu könnte etwa wie folgt lauten:
„Für Klagen im Sinne des § 49 Abs. 1 und 2 GKG ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist, wenn der Beklagte im Inland weder eine Niederlassung noch einen Wohnsitz hat.
Zu begrüßen sind auch geplante Regelungen des Gesetzes zu gesetzlich normierten Gegenansprüchen des Abgemahnten für die Kosten der Rechtsverteidigung bei ungerechtfertigten Abmahnungen geschaffen.
3. Fazit:
Die Kombination dieser beiden Elemente könnte dennoch langfristig zu einem erheblichen Rückgang der Zahlen der Abmahnungen in Deutschland führen und die Effektivität der Verteidigung erheblich im Interesse der Verbraucher stärken. Allerdings sollte der Gesetzgeber unbedingt noch die örtliche Zuständigkeit von urheberrechtlichen Klagen gegenüber Verbrauchern ergänzend regeln.