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Ein Karlsruher Anwalt darf den bayrischen Innenminister Herrmann als „ganz wunderbares Inzuchtsprodukt“ bezeichnen. So bestätigte das LG Karlsruhe die von der Staatsanwaltschaft angefochtene Entscheidung des AG Karlsruhe (LG Karlsruhe, Bs v. 20.07.2016, Az. 4 Qs 25/16).

 Sachverhalt

Der Bayrische Innenminister Joachim Herrmann hatte sich 2015 in der Talkshow „Hart aber Fair“ einen politischen Fauxpas geleistet und den Sänger Roberto Blanko, als einen „ganz wunderbaren Neger“ bezeichnet, „der den meisten Deutschen ganz wunderbar gefallen hat“. Daraufhin hatte ein deutsch-ghanischer Anwalt aus Karlsruhe, der sich in erheblichen Maße auch persönlich betroffen fühlte, einen Brief an den bayrischen Innenminister gerichtet, in dem er diesen als „ganz wunderbares Inzuchtsprodukt“ bezeichnete. Herrmann sah sich hierdurch wiederum als beleidigt an und stellte Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin beim AG Karlsruhe den Erlass eines Strafbefehls. Das AG Karlsruhe lehnte diesen jedoch mit Beschluss vom 27.04.2016 (Az. 5 Cs 520 Js 39011/15) mit der Begründung ab, der Beschuldigte habe von seiner Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG in Form des sogenannten „Rechts zum Gegenschlag“ Gebrauch gemacht. Das Schreiben des Beschuldigten sei sachbezogen gewesen und daher eine adäquate Reaktion auf die vorangegangene Ehrverletzung.

Diese Entscheidung wurde von der Staatanwaltschaft angefochten und stark kritisiert, da sie die Äußerung des Beschuldigten als nicht vom „Recht zum Gegenschlag“ gedeckt ansah. Die Staatsanwaltschaft vertrat vielmehr die Auffassung, dass es sich bei der Bezeichnung „Inzuchtsprodukt“ um eine Schmähkritik handele, zumal nicht der Beschuldigte selbst, sondern vielmehr der Sänger Roberto Blanko Adressat der vormaligen Äußerung von Herrmann gewesen sei. Auch führe die Staatsanwaltschaft an, dass von einem Recht zum Gegenschlag gerade deshalb nicht mehr ausgegangen werden könne, da das Schreiben erst 8 Tage nach Ausstrahlung der Talkshow versendet wurde und daher keine spontane Reaktion vorgelegen habe, welche für das Recht zum Gegenschlag bezeichnend sei. Weiterhin stützte sie ihre Kritik darauf, dass dem grundrechtlichen Schutz auf Meinungsfreiheit und dem „Recht zum Gegenschlag“ die öffentliche Meinungsbildung als ganz wesentliches Element zugrunde liege, das Schreiben des Beschuldigten jedoch nicht als ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung gesehen werden könne, da er sich damit nichtöffentlich an Herrmann gewandt habe.

Entscheidung des LG Karlsruhe

Das LG bestätigte in seiner Entscheidung den Beschluss des AG Karlsruhe. Das Landgericht nahm zwar in der Bezeichnung als „Inzuchtsprodukt“ eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB an, da durch sie eine Missachtung des Adressaten ausgedrückt werde bzw. ihr die negative Konnotation zukomme, dass der Adressat seine Existenz einem kulturell tabuisiertem, rechtlich verbotenem, Zeugungsakt verdanke und sei daher ehrverletzender Natur. Dennoch, so auch das Landgericht, sei die Äußerung von der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt und es greife daher der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB für den Beschuldigten.

Das Gericht führte weiter aus, dass es sich in dem vorliegendem Fall nicht um eine Schmähung von Herrmann handele, da die ehrverletzende Äußerung in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dessen Äußerung in der Sendung „Hart aber Fair“ stehe. Dies machte das Gericht auch an dem Betreff des Schreibens fest, der „rassistische Gesinnung“ lautete. Um eine Schmähung handele es sich aber nur, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung mit der Sache, sondern vielmehr die Diffamierung der Person im Vordergrund stehe (vgl. hierzu auch BVerfG, Urteil v. 10.10.1995, Az. 1 BvR 1476/91). Bei der Abwägung zwischen der persönlichen Ehre des Geschädigten mit der Meinungsfreiheit des Beschuldigten überwiege Letztere, so das LG Karlsruhe. Diese Entscheidung des Landgerichts ist nicht mehr anfechtbar.


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