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Das OLG Hamm äußert sich in einem aktuellen Urteil zur angemessenen Nachvergütung von Fotografen nach § 32 UrhG und stärkt die Urheberrechte für Zeitungsfotografen: EUR 10,00 pro Bild sind keine angemessene Vergütung.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm stärkte in einer aktuellen Entscheidung das Urheberrecht von Zeitungsfotografen und bestätigte die vorangegangene Entscheidung des LG Bochum. Demnach kann einem freien hauptberuflichen Journalisten, der einem Verlag Fotobeiträge für € 10,00 netto pro Beitrag für die Veröffentlichung in Tageszeitungen zur Verfügung stellt, ein Nachvergütungsanspruch nach § 32 UrhG zustehen (Urteil vom 11.02.2016, Az. 4 U 40/15). Die Revision ist derzeit beim BGH (Az. I ZR 85/16) anhängig.

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Journalist aus Hagen, der seit 2000 für einen beklagten Zeitungsverlag aus Essen tätig war, lieferte der Beklagten auf Aufforderung hauptsächlich Bildbeiträge aus dem Märkischen Kreis mit Schwerpunkt „Sport“. Diese Bildbeiträge wurden in verschiedenen Tageszeitungen der Beklagten veröffentlicht. Unabhängig von der Größe des Beitrages und der Auflagenstärke der jeweiligen Zeitung erhielt der Kläger ein Netto-Honorar von EUR 10,00 pro Bild.

Die Beklagte veröffentlichte in dieser Weise im Jahre 2010 insgesamt 1.329 Bildbeiträge, im Jahr 2011 1.277 Bildbeiträge und im Jahr 2012 891 Bildbeiträge des Klägers.

Der Kläger begehrte eine Nachvergütung für die Bildbeiträge und forderte für die Jahre 2010 bis 2012 einen Nachvergütungsanspruch in Höhe von EUR 79.000 gegen die Beklagte. Er stützte den Anspruch auf § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG, wonach die vereinbarte Vergütung unangemessen sein muss. Der Kläger machte eine Nachhonorierung geltend, die sich aus der Differenz zwischen dem als angemessen geltenden Honorar gem. § 32 Abs. 2 UrhG und der tatsächlich bezahlten Vergütung ergab. Zur Bemessung des angemessenen Honorars berief sich der Kläger auf die Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen (GVR). Diese Vergütungsregeln bemessen die Honorare nach Größe des Bildes und Auflagenstärke der Zeitung. Netto-Honorare liegen hier für Erstdruckrechte bei kleinen Bildern und geringer Auflage zwischen EUR 19,50 bis hin zu EUR 75,50 für große Bilder in hoher Auflage, also jedenfalls höher als die von der Beklagten pro Bild bezahlten EUR 10,00.

Entscheidung des Gerichts:

Der Fotograf hatte mit seiner Klage vor dem OLG Hamm Erfolg. Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat dem Kläger und Urheber gem. § 32 UrhG eine Nachvergütung von insgesamt ca. EUR 79.000,00 zugesprochen und das vorinstanzliche Urteil des LG Bochum bestätigt.

Nachdem das OLG Hamm feststellte, dass der Anspruch auf Nachvergütung nicht wegen eines vorrangigem Tarifvertrages gemäß § 32 Abs. 4 UrhG ausschlossen sei, urteilte das Gericht, dass die Beklagte für die gelieferten Bildbeiträge mit einem Betrag in Höhe von EUR 10 netto pro Beitrag keine angemessene Vergütung bezahlt habe. Das OLG Hamm bekräftigte in seiner Entscheidung, dass der Nachvergütungsanspruch des Fotografen entsprechend den Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen berechnet werden müsse.

Damit bestätigte das OLG Hamm die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Bochum. Die Beklagte hat gegen das Urteil des OLG Hamm Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt.

Bewertung:

Das Urteil des OLG Hamm ist zu begrüßen. Das Urheberrecht ist von dem Leitgedanken geprägt, den Urheber an sämtlichen Erträgnissen aus der Verwertung seines Werkes oder seiner Leistung angemessen zu beteiligen. Das Prinzip der angemessenen Vergütung ist ein wesentlicher Grundgedanke des Urheberrechts. Durch dieses Prinzip soll der in der Position gegenüber wirtschaftlichen Verwertern häufig schwächere Urheber gestärkt werden (Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 32, Rn. 1).

Daher können gemäß § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG unangemessene Vergütungsvereinbarungen auch nachträglich korrigiert werden. Dieses Recht bleibt dem Urheber gemäß § 32 Abs. 3 UrhG unverzichtbar erhalten.

Daher kann der Urheber bei Unangemessenheit von seinem Vertragspartner verlangen, die vereinbarte Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte durch eine angemessene Vergütung zu ersetzen. Das Gesetz gewährt keinen unmittelbaren Anspruch auf die ergänzte Vergütung, sondern sieht lediglich eine Korrektur des Vertrages vor. Trotz allem kann der Urheber bei einer prozessualen Durchsetzung des Rechts aus § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG Klage auf Vertragsänderung und Zahlung des angemessenen Entgelts erheben (vgl. BT-Drs. 14/8058, S. 18; BGH GRUR 2016, 62 Rn. 34 – GVR Tageszeitungen I; BGHZ 115, 63 – Horoskop-Kalender; Dreyer/Kotthoff/Meckel-Kotthoff, Urheberrecht, 3. Aufl. 2013, § 32 Rn. 10; Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl., § 32 Rn. 17; Erdmann GRUR 2002, 923, 925).

Dies hat im vorliegenden Fall der Fotograf getan, der pro Bild von der Beklagten lediglich EUR 10,00 Vergütung erhielt. Seit Jahren führt der Wettbewerb um günstiges Bildmaterial zu niedrigen Vergütungen für die Fotografen. Die Entscheidung des OLG Hamm, die die Rechte des Fotografen stärkt, ist deshalb zu begrüßen. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof die Revision der Beklagten beurteilen wird.


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