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Das Oberlandesgericht München (OLG München) lehnt eine Täterhaftung des Sharehosters Uploadet.net für illegale Nutzerinhalte ab, fordert von dem Portal aber strenge Prüfpflichten im Rahmen der Störerhaftung:

Das OLG München hat am 02. März 2017 seine Entscheidung in der mit Spannung erwarteten rechtlichen Auseinandersetzung zwischen der GEMA, verschiedenen Rechteinhabern wie Constantin Film Verleih GmbH / Elsevier Inc. / Piper Verlag GmbH / S. Fischer Verlag GmbH / Sony Music Entertainment Germany GmbH gegen die Cyando AG für deren Sharehoster Dienst Uploaded.net mündlich verkündet (Az. 29 U 3735/16 u.a.). Die schriftlichen Urteilsgründe werden in Kürze folgen:

Der Sharehoster-Dienst www.uploaded.net bietet seinen Mitgliedern umfangreichen Online Speicherplatz an. Lädt der Nutzer ein Werk oder eine Datei hoch, so erzeugt der Dienst einen Download Link zu der Datei, der eigentlich nur dem Nutzer zur Verfügung stehen soll. Der Dienst weist seine Mitglieder in den AGBs ausdrücklich darauf hin, dass durch die illegale Verbreitung der Links keine Urheberrechtsverletzungen begangen werden dürfen, kann dies de facto aber auch nicht verhindern. Uploaded.net selbst sieht keine interne Suchfunktion nach Links anderer Mitglieder vor. Urheberrechtliche Verletzungshandlungen entstehen aber massenhaft durch Mitglieder des Dienstes, die diese auf externen Plattformen veröffentlichen, auf denen dann auch nach den betreffenden Werken gesucht werden kann.

Die GEMA, Sony Music, Constantin Film und andere haben den Betreiber des Dienstes Uploaded.net, die Firma Cyando als Täter der jeweiligen Urheberrechtsverletzungen zunächst vor dem Landgericht München I verklagt, das Ihnen überwiegend Recht gab. Auf die Berufung von Cyando hin verneint nun das OLG München eine täterschaftliche Haftung, legt aber strenge Maßstäbe an die Störerhaftung an:

So wie es der 29. Senat unter seinem neuen Vorsitzenden Andreas Müller bereits in der mündlichen Verhandlung der Rechtsstreite am 19. Januar 2017 angekündigt hatte, sieht das Oberlandesgericht keinen Raum den Sharehoster Uploaded.net als Täter für Urheberrechtsverletzungen seiner Mitglieder haftbar zu machen, erlegt dem Dienst aber sehr strenge Anforderungen auf, die ansonsten eine Störerhaftung auf Unterlassung begründen, zu dem Uploaded.net hier auch verurteilt wurde.

Das Landgericht München hatte Uploaded.net zwar zuvor zwar nicht als Täterin, aber doch als Gehilfin einer Urheberrechtsverletzung auch zur Leistung von Schadensersatz und zur Erteilung von Auskunft verurteilt (Az. 21 O 6197/14 u.a.). Dem widerspricht jetzt das Oberlandesgericht München, das die Berufung von Uploaded.net in diesem Punkt als begründet ansah.

Keine Haftung als Täterin für Urheberrechtsverletzungen der Mitglieder

Die Beklagte Uploaded.net , so das OLG München, sei nicht Täterin der Urheberrechtsverletzungen seiner Mitglieder im Sinne des § 19 a UrhG. Das OLG München prüft die Frage der Täterschaft einer Urheberrechtsverletzung – wie allgemein üblich – anhand der strafrechtlichen Begriffe von Täterschaft und Teilnahme, die hierzu für das Zivilrecht übernommen werden.

a.Keine täterschaftliche Urheberechtsverletzung

Für die täterschaftliche Handlung müsse ein handlungsbezogenes Merkmal gegeben sein, ein Beitrag des Dienstes zu Handlungen seiner Mitglieder alleine durch die Technik sei insofern nicht ausreichend.

Tathandlung bei § 19 a UrhG sei es, dass einem Dritten Zugriff auf das jeweilige Werk eröffnet werde, diese Zugriffseröffnung erfolge aber durch das jeweilige Mitglied des Dienstes, das den Downloadlink in einer illegalen Linksammlung im Web veröffentliche. Der Beitrag der Beklagten zu dieser Handlung sei alleine derjenige, dass der Link von ihr erzeugt wird.

Die Beklagte Uploaded.net mache sich den Link aber nicht zueigen und trete auch nicht als Anbieterin auf. Die Begünstigung einer Urheberrechtsverletzung alleine reiche nicht aus. Das Zueigenmachen sei vielmehr aus der Sicht eines verständigen Nutzers zu bewerten. Dieser Nutzer erfahre aber nicht von der Beklagten, welche Inhalte es gebe, sondern eben über meist illegale Linksammlungen auf Dritten Websites, in denen die User von Uploaded.net die Links illegal veröffentlichen. Uploaded.net selber bietet zudem ja auch gar keine eigene Suchfunktion an.

b. Keine mittäterschaftliche Urheberrechtsverletzung

Auch eine Urheberrechtverletzung in Mittäterschaft verneint das OLG München. Diese setze Kenntnis von Uploaded.net voraus. Die Beklagte wisse aber eben gerade nicht, welcher Nutzer welches Werk eingestellt habe.

c. Keine Täterschaft durch Unterlassen

Auch eine denkbare Täterschaft durch Unterlassen sei nicht gegeben. Hier fehle es bereits an der Tatherrschaft, die jedenfalls bis zum Hinweis auf eine Verletzung nicht gegeben sei. Überwachungspflichten könnten zwar bestehen, dann aber eben nur zu einer Störerhaftung führen, nicht aber zu einer Täterschaft durch Unterlassen.

d. Keine Gehilfenschaft

Auch die Gehilfenschaft, also die Beihilfe zu einer Urheberrechtsverletzung von Dritten sei zu verneinen: Hier fehle es schon an dem dafür notwendigen doppelten Gehilfenvorsatz: Notwendig sei eine Kenntnis der Haupttat. Eine generelle Kenntnis reiche aber eben nicht aus aufgrund der Privilegierungswirkung des § 10 TMG.

Diese Privilegierungswirkung des § 10 TMG sei auch nicht versagt, weil das Geschäftsmodell von Uploaded.net quasi von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt sei. Es gebe vielmehr auch zahlreiche legale Anwendungsmöglichkeiten des Dienstes wie etwa die Anbindung an www.modhoster.de, oder die Eignung des Dienstes für die Sicherung der Daten von Überwachungskameras.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerinnen entfalle die Privilegierung des § 10 TMG auch nicht aufgrund der Vorgaben des EuGH aus der Entscheidung Bananabay (EuGH, v. 23.3.2010, C 236-05, GRUR 2010, 445). Danach sei zu prüfen, ob die Rolle des Anbieters insofern neutral sei, als sein Verhalten rein technischer Natur sei und ob der Anbieter Kenntnis habe.

Eine solche Kenntnis habe die Beklagte aber eben gerade nicht, wenn es darum gehe, welche Informationen bei ihr gespeichert waren. Die rein allgemeine Kenntnis aufgrund vieler Hinweise an sie über Urheberrechtsverletzungen ihrer Mitglieder begründe keine konkrete Kenntnis in Bezug auf die jeweilige Einzeltat.

Und selbst nach einem Hinweis auf eine Einzeltat habe die Beklagte ja keine Kenntnis, wo noch auf ihren Servern das gleiche Werk bei ihr gespeichert sei.

2. Störerhaftung von Uploaded.net

Dafür aber, so das OLG München, treffe Uploaded.net aber im Gegenzug eine doch sehr strenge Störerhaftung, die das Gericht auch ersichtlich strenger ausgestaltet als etwa das OLG Hamburg bei Youtube. So treffe den Dienst insbesondere die Pflicht, nach Hinweis auf rechtsverletzenden Links zu konkreten Werken, die von Nutzern veröffentlicht wurden, die jeweiligen (meist illegalen) Plattformen wie etwa boerse.bz, auf denen User von Uploaded.net solche Links regelmäßig einstellen tatsächlich fortlaufend darauf zu überprüfen, ob von Usern hier neue illegale Links eingestellt wurden. Würden diese nicht auf Kontrolle hin von Uploaded.net unverzüglich deaktiviert, so hafte der Dienst dann als Störer. Rechtsanwalt Hermann Waldhauser, der Vertreter von Cyando, hält diese Verpflichtung für in der Rechtswirklichkeit schwer umsetzbar. Der Dienst brauche für die laufende Kontrolle aller in Frage kommenden Plattformen, auf denen User Links illegal veröffentlichen derartig viel Personal, dass dies wirtschaftlich nicht mehr darstellbar sei.

Die Revision zum BGH hat das OLG München in der Sache erstaunlicherweise nicht zugelassen.

3. Bewertung der Entscheidung des OLG München:

Strenge Prüfpflichten hatte auch schon das OLG Hamburg im Verfahren der GEMA gegen Youtube begründet und ebenfalls wie hier jetzt das OLG München eine täterschaftliche Haftung der Plattform Youtube abgelehnt, weil sich die Plattform die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte eben gerade nicht zu eigen mache (vgl. hierzu Leistner/Metzger, FAZ v. 3.01.2017, S. 13, die für ein Zweistufenmodell mit der Schaffung eines Vergütungsanspruchs zugunsten der Urheber plädieren um die Rechte der betroffenen Urheber besser zu schützen). Mit seinem Urteil liegt das OLG München damit auf einer Linie mit der bisher ergangenen deutschen Rechtsprechung, die eben dazu neigt, bei Plattformen eine täterschaftliche Haftung zu verneinen, und lediglich eine mehr oder weniger strenge Störerhaftung anzunehmen (vgl. OLG Hamburg, v. 29.9.2010, 5 U 9/09 ZUM 2011, 500 – Sevenload; LG Hamburg Beck RS 2010, 21389 Youtube, bestätigt durch OLG Hamburg v. 1.7.2015, 5 U 87/12, ZUM-RD 2016, 83 – Youtube; OLG München v. 28.1.2016, 29 U 2798/15 = ZUM RD 2012, 88 – Youtube).

Das Spannungsverhältnis eines gerechten Ausgleichs der Rechte der Urheber mit denen der Plattformbetreiber bleibt auch nach der heute ergangenen Entscheidung des OLG München offen. Die ALAI wird zum Thema der Haftung von Plattformbetreibern am 23. und 24. März in der Münchner LMU eine hochranging besetzte Tagung veranstalten, auf der Lösungsansätze auch mit Vertretern der Europäischen Kommission diskutiert werden sollen.


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