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Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden, dass ein Unterlassungsschuldner nicht gegen eine Pflicht aus der abgegebenen Unterlassungsklärung verstößt, wenn das von ihm auf eBay genutzte urheberrechtlich geschützte Bild nach Abgabe der Erklärung weiterhin im Zwischenspeicher (Cache) der Suchmaschine Google auffindbar ist, da sich aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung keine Beseitigungspflicht des Bildes für den Cache ergebe (Urteil v. 19.05.2016, Az. 4 U 45/15).

Sachverhalt

Beide Parteien handelten mit Wasserschläuchen. Der Beklagte warb auf der Onlineplattform eBay mit der Bildaufnahme eines Wasserschlauches. Der Kläger, der die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem Lichtbild innehat, mahnte den Beklagten durch ein Anwaltsschreiben ab und forderte ihn auf, eine strafbewehrte Unterlassungsklärung abzugeben. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nach.

Das auf eBay eingestellte Angebot vom Beklagten wurde aufgrund einer Mitteilung des Klägers über die urheberrechtswidrige Verwendung des Bildes und damit einer Verletzung seiner „Patentrechte“ durch die Betreiberin der Handelsplattform auch umgehend entfernt. Nachdem die mit der Ermittlung von Urheberrechtsverstößen vom Kläger beauftragte Detektei die streitgegenständliche Aufnahme jedoch noch immer im Cache der Suchmaschine Google aufrufen konnte, forderte der Kläger den Beklagten erneut zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsklärung auf, welcher der Beklagte allerdings nicht nachkam. Der Kläger bewirkte beim Landgericht Frankenthal (Pfalz) zunächst eine entsprechende Unterlassungsverfügung (02.05.2014, Az. 6 O 119/14). Da der Beklagte der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung nicht nachkam, verfolgte der Kläger seine Ansprüche im Hauptsacheverfahren vor dem LG Frankenthal (Pfalz) weiter. Der Kläger wollte seinen Unterlassungsanspruch weiter verfolgen und begehrte zudem Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von EUR 750, der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, sowie Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von EUR 5.100. Das Landgericht lehnte die Ansprüche des Klägers mit Urteil vom 10.02.2015 (Az. 6 O 202/14) überwiegend ab. Daher legte der Kläger gegen das Urteil Berufung zum OLG Zweibrücken ein.

Entscheidung des Gerichts

Die Entscheidung des LG Frankenthal wurde vom OLG Zweibrücken nicht beanstandet, die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Das Gericht betonte, dass der Beklagte aufgrund seiner ursprünglichen Verletzungshandlung dafür Sorge zu tragen habe, dass weitere Urheberrechtsverletzungen durch für ihn mögliche und zumutbare Vorkehrungen verhindert würden. Grundsätzlich käme ein Unterlassungsanspruch also gemäß § 97 Abs. 1 UrhG in Betracht.

Demnach trifft den Beklagten also die Pflicht, das in Rede stehende Bild aus seiner Verkaufsofferte zu entfernen oder durch eBay entfernen zu lassen, so das OLG. Das OLG führte weiter aus, dass der Beklagte darüber hinaus zudem alle gängigen Internetbranchendienste zu überprüfen und im gegebenen Fall zu veranlassen habe, die Abbildung zu löschen, da andernfalls die Möglichkeit bestehe, dass Suchmaschinen die Abbildung des Wasserschlauchs in ihre Verzeichnisse aufnehmen und diese bei Recherchen von Internetnutzern bei einschlägiger Suche auch anzeigen.

Nach Ansicht des Gerichts war der geltend gemachte Anspruch des Klägers in diesem Fall jedoch nicht damit zu begründen, dass bei einer professionellen Suche über Google die beanstandete Aufnahme weiterhin auffindbar war.

Das Gericht führte aus, dass ein interessierter Käufer seine Recherche nach entsprechenden Kaufangeboten gerade nicht im Archiv des Suchmaschinenbetreibers, also im Cache, vornehmen werde, zumal dieser nicht ohne Zwischenschritte aufrufbar ist, sondern vielmehr auf einer aktuellen Internetseite.

Das OLG geht weiter davon aus, dass der durchschnittlich informierte Internetnutzer nicht von vornherein Kenntnis darüber hat, dass frühere, nicht aktuelle Suchergebnisse weiterhin als Abbild des früheren Standes im Zwischenspeicher der Suchmaschine gezielt gesucht werden können.

Selbst wenn man dieser Meinung nicht folgen möchte, so sei es dem Beklagten jedenfalls zudem nach Ansicht des Gerichts zeitlich nicht zumutbar gewesen im Zeitraum zwischen der abgegebenen Unterlassungserklärung (25.03.2014) und der vom Kläger veranlassten Überprüfung im Cache von Google (08.04.2014), auch sämtliche Archive von Suchmaschinen auf das beanstandete Lichtbild zu überprüfen. Fraglich sei außerdem, so das OLG Zweibrücken daraufhin weiter, ob in dieser Zeitspanne eine Entfernung der Aufnahme bei Google überhaupt realistisch durchsetzbar gewesen wäre.

Auch aus der bereits abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung könne ein Unterlassungsanspruch im Hinblick auf das im Cache gefundene Bild nicht hergeleitet werden, da sich diese Verpflichtungserklärung inhaltlich nicht weitergehend darüber hinaus ausgelegt werden könne, dass der Beklagte neben der Entfernung des Bildes aus der Plattform eBay die vollständige Entfernung aus dem Internet schulde.

Daher handele es sich bei der weiteren Auffindbarkeit im Google Cache nicht um eine erneute Urheberrechtsverletzung des Beklagten, daher bestünden keine Unterlassungs-, Zahlungs- oder Kostenerstattungsansprüche des Klägers.

Bewertung

Das Gericht behandelt in diesem Fall die Tragweite der Pflichten, die aus einer Unterlassungserklärung herrühren. Das OLG stellt hier darauf ab, ob es dem Beklagten zumutbar ist, das „gesamte“ Internet, insbesondere auch die Archive von Suchmaschinen zu durchforsten und gegebenenfalls Schritte zur Entfernung der Aufnahme einzuleiten.

Grundsätzlich trifft denjenigen der Urheberrechtsverletzungen begeht, auch die Pflicht darauf hinzuwirken, dass Folgeveröffentlichungen entfernt werden. Ob auf darauf hingewirkt werden muss, dass Bildaufnahmen aus dem Google-Cache gelöscht werden, ist nicht unumstritten.

Das OLG Celle etwa (in Anlehnung an andere Rechtsprechungen, Urteil v. 29.02.2015, Az. 13 U 58/14, Rn. 30) sieht die Pflicht des in Anspruch Genommenen nicht nur in der Löschung oder Änderung der betroffenen Inhalte, sondern auch in der Überprüfung des Internets samt der gängigsten Suchmaschinen nach der Abrufbarkeit der streitigen Datei. Dazu zählen nach Ansicht des OLG Celle neben den aktuellen Suchergebnissen gerade auch jene aus dem Cache von Google.

Das OLG Zweibrücken berücksichtigt in seiner Entscheidung vor allem auch, wo Kaufinteressierte in erster Linie nach Angeboten suchen und unterscheidet daher zwischen aktuellen Suchergebnissen und dem Google Cache. Im Ergebnis scheint das Urteil für diesen Einzelfall sachgerecht. Richtiger sind auch die Überlegungen des Gerichts, dass die Durchsetzung eines Anspruches gegenüber Google zeitaufwändig wäre.

Entscheidend für die Beurteilung, welche Pflichten den Unterlassungsschuldner treffen, ist was diesem zumutbar ist. Fraglich ist hier vor allem, ob bei geübten Internetnutzern (d.h. jene, die selbst Websites betreiben oder eigene Produkte über das Internet anbieten) nicht das Wissen vorausgesetzt werden kann, dass es neben den Suchmaschinen selbst auch Cache-Systeme gibt, wodurch folglich bei der Suche nach urheberrechtswidrigen Inhalten nicht nur aktuelle Inhalte überprüft werden sollten, sondern auch die Caches der (zumindest gängigsten) Suchmaschinen wie Google.


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