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1. Der BGH verhandelt zu Drittauskunftsanspruch gegen Portalbetreiber bei Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet

Der Bundesgerichtshof hat am 03.06.14 über einen Drittauskunftsanspruch gegen Portalbetreiber bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet verhandelt (Az. VI ZR 345/13). Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben. Wir berichten für Sie von der mündlichen Verhandlung vor Ort:

Der BGH hat über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Ein niedergelassener Arzt macht gegenüber einem Onlinebewertungsportal, auf dem Ärzte bewertet werden können, Anspruch auf Auskunft über die zu einem Nutzer gespeicherten Daten geltend. Dieser Nutzer des Portals hatte über den klagenden Arzt seit 2011 anonym insgesamt fünf schlechte und sachliche falsche rufschädigende Bewertungen abgegeben.

Der betroffene Arzt klagte gegen das Portal auf Unterlassung, Schadensersatz (Anwaltskosten) und Auskunft über die Identität des Nutzers zunächst vor dem LG Stuttgart, sowie vor dem OLG Stuttgart. Die Klage war in beiden Instanzen erfolgreich.

Das Portal ging lediglich hinsichtlich des Auskunftsanspruches in die Revision über die nunmehr der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat.

Die Frage, ob dem Betroffenen einer Persönlichkeitsrechtsverletzungen gegenüber dem Diensteanbieter ein Anspruch auf Auskunft über die zum Verletzter gespeicherten Daten zusteht, ist in der Rechtsprechung bislang sehr uneinheitlich und überwiegend meist ablehnend beurteilt worden.

Bisher ließen die meisten Gerichte einen solchen Auskunftsanspruch meist an den Vorschriften des Telemediengesetzes (TMG) scheitern, die die Zulässigkeit der Datenweitergabe regeln. In den Vorschriften der §§ 12, 14 TMG ist eine Datenweitergabe im Falle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen dem Wortlaut nach nicht ohne Weiteres vorgesehen.

Der Bundesgerichtshof wird sich in seinem Urteil daher damit zu beschäftigen haben, ob ein Drittauskunftsanspruch – der bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die außerhalb des Internets stattfinden, ohne Probleme immer angenommen wird – auch dem Betroffenen einer über das Internet begangenen Verletzung zustehen kann. Dabei werden insbesondere die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten in Bezug auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arztes mit dem Datenschutz abgewogen werden müssen.

Bislang ist noch unklar, wie der Bundesgerichtshof entscheiden wird. Der Senat ließ in der Verhandlung erkennen, dass sich grundsätzlich die Frage stelle, ob der datenschutzrechtliche Grundsatz der Zweckbindung der Datenverarbeitung, § 12 TMG, überhaupt eingreife, wenn Grundrechte verletzt sind. Jedoch war auch die Rechtsansicht im Senat nicht einheitlich. Es wurde von einer Seite darauf hingewiesen, dass § 14 Abs. 2 TMG als abschließende Regelung angesehen werden könne, die nach dem gesetzgeberischen Willen in solchen Konstellationen auf den Strafverfolgungsweg verweist, der aber in der Praxi meist erfolglos ist.

Ob die Entscheidung zugunsten eines umfänglichen und effektiven Persönlichkeitsschutzes ausfällt oder den datenschutzrechtlichen Belangen Vorrang gewährt wird, kann daher im Moment noch nicht abschließend beurteilt werden.

Eine Entscheidung zugunsten eines stärkeren und vor allem durchsetzbaren Persönlichkeitsrechtsschutzes wäre allerdings wünschenswert und würde auch nicht bedeuten, dass zukünftig eine anonyme oder pseudonyme Nutzung des Internets nicht mehr erlaubt wäre. Die anonyme und pseudonyme Nutzung gemäß § 13 Abs. 6 S. 1 TMG würde weiter gewährleistet. Es würde durch die Entscheidung lediglich klargestellt, dass vorhandene Daten solcher Nutzer, die etwa im Falle der pseudonymen Nutzung von Diensten bei der Anmeldung hinterlegt werden, im Falle einer Rechtsverletzung an den Verletzten herauszugeben sind.

Mit einer positiven Entscheidung zugunsten des Persönlichkeitsschutzes und für einen Auskunftsanspruch würde der Bundesgerichtshof zudem eine vergleichbare Regelung zu den anderen bestehenden Drittauskunftsansprüchen schaffen, wie denen im Marken- und Urheberrecht, und zudem die in der Praxis festzustellende Ineffektivität bzw. Erfolglosigkeit von Strafanzeigen bei Ehrschutzdelikten ausgleichen. Eine Entscheidung ist für den 1. Juli 2014 angekündigt.

Insgesamt bleibt mit Spannung abzuwarten, ob der BGH zugunsten des verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts entscheiden wird. Dies wäre aus hiesiger Sicht wünschenswert.

Die Pressemitteilung des BGH zum Fall finden Sie hier.

2. Videoblog

Sehen Sie hier unseren Terminsbericht von der mündlichen Verhandlung beim BGH:

3. Die Entscheidung des BGH:

Lesen Sie hier wie der BGH den Drittauskunftsanspruch in Bezug auf Persönlichkeitsrechte mit dem Datenschutz abgewogen hat.

Karlsruhe / München 3. Juni 2014

© Julia Berger / Dr. Bernhard Knies


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