Abmahnung erhalten? Kostenlose Erstberatung unter 089 472 433

Der BGH verneint einen Drittauskunftsanspruch gegen Portalbetreiber bei Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet – Recht auf Anonymität

Der Bundesgerichtshof hat am 01.07.14 entschieden, dass es keinen Drittauskunftsanspruch gegen Portalbetreiber bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet gibt (Az. VI ZR 345/13). Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben, denn sie bedeutet in der Praxis, dass User in Bewertungsportalen weiterhin anonym posten dürfen, ohne zu riskieren, dass sie für Persönlichkeitsrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden. Wir hatten für Sie schon über die BGH Jameda Auskunftsansprüchen bei anonym begangen Persönlichkeitsrechtsverletzungen berichtet.

Der BGH hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Ein niedergelassener Arzt macht gegenüber einem Onlinebewertungsportal, auf dem Ärzte bewertet werden können, Anspruch auf Auskunft über die zu einem Nutzer gespeicherten Daten geltend. Dieser Nutzer des Portals hatte über den klagenden Arzt seit 2011 anonym insgesamt fünf schlechte und sachliche falsche rufschädigende Bewertungen abgegeben.

Der betroffene Arzt klagte gegen das Portal auf Unterlassung, Schadensersatz (Anwaltskosten) und Auskunft über die Identität des Nutzers zunächst vor dem LG Stuttgart, sowie vor dem OLG Stuttgart. Die Klage war in beiden Instanzen erfolgreich.

Das Portal ging lediglich hinsichtlich des Auskunftsanspruches in die Revision über die nunmehr der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte.

Die Frage, ob dem Betroffenen einer Persönlichkeitsrechtsverletzungen gegenüber dem Diensteanbieter ein Anspruch auf Auskunft über die zum Verletzter gespeicherten Daten zusteht, war in der Rechtsprechung bislang sehr uneinheitlich und überwiegend meist ablehnend beurteilt worden.

Bisher ließen die meisten Gerichte einen solchen Auskunftsanspruch meist an den Vorschriften des Telemediengesetzes (TMG) scheitern, die die Zulässigkeit der Datenweitergabe regeln. In den Vorschriften der §§ 12, 14 TMG ist eine Datenweitergabe im Falle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen dem Wortlaut nach nicht ohne Weiteres vorgesehen. Dieses Argument war auch für den BGH entscheidend.

Der BGH hat geurteilt, dass es sich um eine bewußte Regelungslücke handelt, dass also der Gesetzgeber mit § 12 Abs. 2 TMG eben gerade die Entscheidung getroffen hat, dass es einen solchen Auskunftsanspruch gegen Portalbetreiber (anders als im Urheberrecht) eben gerade nicht geben soll.

Die Betreiber von Internetportalen dürfen also ohne Einwilligung Ihrer Nutzer keine Daten an Dritte weitergeben, die sich wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung beschweren.

Allerdings – so der BGH in seiner Pressemitteilung – kann bei persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter bestehen. Zudem müssen die Dienste gegenüber den Ermittlungsbehörden Auskunft erteilen, wenn also vom Betroffenen im Einzelfall Strafanzeigen erstattet wurden.

Facit: Nur bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die die Grenze der Strafbarkeit überschreiten, kann also auf dem Umweg über eine Strafanzeige Auskunft verlangt werden. Bei schlicht falschen Behauptungen können aktuell nur Unterlassungsansprüche gegen den Portalbetreiber durchgesetzt werden.

Die schriftliche Urteilsbegründung wird mit Interesse erwartet.

2. Videoblog

Sehen Sie hier unseren Terminsbericht von der mündlichen Verhandlung beim BGH:

3. Die Entscheidung des BGH:

Lesen Sie hier wie der BGH die Persönlichkeitsrechte mit dem Datenschutz abgewogen hat.

Karlsruhe / München 1. Juli 2014

© Julia Berger / Dr. Bernhard Knies


Diesen Artikel teilen: