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Mit der von uns erstrittenen Entscheidung des Amtsgerichts Passau vom 30.12.2015 (Az. 15 C 582/15 – nicht rechtskräftig) hat das Gericht entschieden, dass Eltern ihre Kinder nicht verraten müssen, um ihrer sekundären Darlegungslast gerecht zu werden.

Sachverhalt:

Die von der Kanzlei Waldorf Frommer vertretene Plattenfirma hatte ermittelt, dass auf dem Anschluss des Beklagten am 08.12.2011 ein geschütztes Musikalbum in einer Tauschbörse illegal angeboten worden war. Auf die Abmahnung wegen Filesharing hatte der Beklagte zwar eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben, die Kosten der Abmahnung aber nicht bezahlt. Die Klägerin hatte den Beklagten einige Jahre später auf die Zahlung der üblichen € 450,00 Schadensersatz und € 506,00 Abmahnkosten verklagt. Der Beklagte hatte sich im Prozess damit verteidigt, dass er selber zum Tatzeitpunkt in seiner Arbeitsstelle gewesen war, während sich bei ihm zuhause seine Ehefrau, seine beiden Söhne und die Tochter befunden hätten. Er der Beklagte habe zuvor alle seine Familienmitglieder belehrt, dass über seinen Anschluss kein illegales Filesharing stattfinden dürfe. Nach dem Eingang der Abmahnung habe eines seiner Kinder die Tat gestanden, er wolle sein Kind aber nicht „ans Messer“ liefern. In der Beweisaufnahmen hatten die Ehefrau des Beklagten und seine Kinder von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das AG Passau hat entschieden, dass der Beklagte durch seinen Vortrag seine sekundäre Darlegungslast erfüllt habe. Es sei dem Beklagten nicht zuzumuten, den gesicherten Nachweis der Täterschaft einer anderen Person zu liefern.

„Eine derartige Anforderung überspannt das Ausmaß der sekundären Darlegungslast des Beklagten und ist aus rechtsstaatlichen Gründen nicht zu erfüllen. Mit der Benennung der im Haushalt des Beklagten lebenden weiteren Personen als Nutzer der streitgegenständliche Computer und des streitgegenständlichen Internet-Anschlusses sowie der Eingrenzung des Täterkreises ist der Beklagte in vollem Umfang seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen.“

Auch hinsichtlich der Belehrung war der Beklagte nach Ansicht des AG Passau seiner sekundäre Darlegungslast nachgekommen. Er habe vorgetragen, dass er seine minderjährigen Kinder altersgerecht belehrt und ihnen die Nutzung von Tauschbörsen strikt untersagt habe. Das einfache Bestreiten dieser Belehrung durch die Klägerin reichte dem AG Passau hier nicht.

Bewertung:

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Mit ihr schließt sich das AG Passau erfreulicherweise einer Reihe anderer Gerichte an, die wie das LG Berlin v. 09.12.2014 (Az. 15 S 12/14) oder AG Braunschweig (Entscheidung vom 21.08.2015 (Az. 117 C 3682/14), das Landgericht Frankfurt (Hinweisbeschluss v. 18.09.2015, 2-03 S 30/15) ebenfalls nicht verlangen, dass die verklagten Eltern als Anschlußinhaber ihre Kinder „an Messer“ liefern müssen (ähnlich AG München 264 C 19943/14 v. 27.2.2015, hier hatten die Kinder die Tat bestritten). Damit bleibt es dabei, dass nach der Rechtsprechung des BGH die Beweislast ihm Rahmen der sekundären Darlegungslast weiterhin bei der Klägerin liegt, denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist mit der sekundären Darlegungslast eines Anschlußinhabers eben gerade keine Umkehr der Beweislast verbunden.


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