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BGH I ZR 46/12 „Framing“: Vorlage an den EuGH steht bevor:

Der erste Zivilsenat des BGH verhandelt zur urheberrechtlichen Zulässigkeit „framender Links“:

1. In einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren hat der Bundesgerichtshof am Donnerstag den 18.4.2013 um 10 Uhr in Karlsruhe zur urheberrechtlichen Zulässigkeit von sogenannten framenden Links verhandelt (BGH I ZR 46/12) und damit über eine spannende Grundsatzfrage des Internetrechts beraten.

Doch worum geht es technisch betrachtet? Framende Links werden heute vor allem in sozialen Netzwerken wie Facebook von unzähligen Usern aus dem eigenen Profil ganz selbstverständlich immer wieder gerne insbesondere auf die Videoplattform von Youtube gesetzt. Um die eigenen Facebook Freunde auf das aktuelle Lieblings Video aufmerksam zu machen, wird der framende Link so platziert, dass das Video für Freunde im eigenen Profil sichtbar wird und auch direkt aus Facebook abgespielt werden kann. Framende Links haben also heute im Internet eine große Beliebtheit gewonnen, ohne dass sich die User große Gedanken über die rechtliche Zulässigkeit ihres Handelns machen. Auch das Geschäftsmodell von Youtube profitiert von dieser Art der Verlinkung.

Urheberrechtlich stellt sich hier die umstrittene Frage, ob solche framenden Links Nutzungshandlungen im Sinne des Urheberrechts darstellen und vom Urheber also genehmigt werden müssen, oder ob die eigentliche Nutzungshandlung nur beim Einstellen quasi an der Quelle (meist also bei Youtube) liegt und nur beim Upload auf die Youtube Plattform Rechte eingeholt werden müssen.

Zu den herkömmlichen Links hat der BGH bereits mit seiner „Paperboy Entscheidung“ im Sinne der Netzfreiheit entschieden und festgestellt, dass klassische Links keine urheberrechtliche Nutzungshandlung darstellen (BGHZ 156, 1 „Paperboy“).

Im aktuellen Fall hatten die von uns vertretenen Mandanten auf ihrer Homepage ebenfalls auf ein Video bei Youtube verlinkt. Die Inhaber der Nutzungsrechte wehrten sich gegen den Link und erhoben Klage zum Landgericht München. Das LG München vertrat in erster Instanz die Auffassung, dass Links genehmigungspflichtig gewesen wären. Es komme darauf an, ob sich der Linksetzer in den Augen des Nutzers den Inhalt zu eigen mache, in einem solchen Fall müsse der Frame als urheberrechtsverletzend angesehen werden (LG München I Urteil vom 2.2.2011, 37 O 15777/10).

In der zweiten Instanz konnten wir für unsere Mandanten gewinnen: Das OLG München hob das Urteil des LG München auf (OLG München, Urteil vom 16.2.2012, 6 U 1092/11). Mehr >

Es übertrug die Grundsätze der Paperboy Entscheidung des BGH auch auf die framenden Links weil letzten Endes nur derjenige, der den Inhalt bei Youtube einstellt darüber entscheide, ob das Werk zum Abruf bereitgehalten wird.

2. Der Vorsitzende Richter des BGH Prof. Dr. Bornkamm erörterte mit den Parteien im Verlauf der mündlichen Verhandlung, bei der die Beklagten durch Rechtsanwalt beim BGH Dr. iur. Herbert Geisler und Rechtsanwalt Dr. Knies vertreten waren, dass der Senat dazu tendiere, die framenden Links als „unbenanntes Recht der Öffentlichen Wiedergabe“ zu bewerten. Sie wären damit genehmigungspflichtig und vom Urheber zu lizenzieren. Letztlich wollte der Senat die streitige Frage dann aber doch nicht entscheiden und wird aller Voraussicht nach die Rechtsfrage dem EuGH zur Entscheidung vorlegen. Der EuGH wird die Frage dann vermutlich gemeinsam mit der Vorlagefrage des schwedischen Hovrätt an den EuGH entscheiden (EuGH, C 466/12 – Svensson).

Der Hovrätt hat dem EuGH noch weitere Fragen zur Entscheidung vorgelegt, die auch die Paperboy Entscheidung des BGH in Frage stellen könnten. Der EuGH wird in der Sache Svenson (und dann wohl auch in der Vorlagesache des BGH) somit über die urheberrechtliche Zulässigkeit des klassischen Links ebenso wie des framenden Links zu entscheiden haben.

München / Karlsruhe, 18. April 2013

Dr. Bernhard Knies – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Nachtrag:

Zwischenzeitlich liegt der Beschluss des BGH im Volltext vor. Mehr >


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