BGH VI ZR 76/17 Bildberichterstattung über Ex-Bundespräsident Christian Wulff zulässig.
„Nach der Versöhnung – Christian Wulff – Wer Bettina liebt der schiebt“ mit diesem schönen Titel hatte die Zeitschrift des Bauer Verlages „Neue Post“ über Christian Wulff und seine Frau Bettina berichtet. Der Artikel war mit einem Bild versehen, das den Ex-Bundespräsidenten mit einem gefüllten Einkaufswagen im Supermarkt zeigt. Ein weiterer Artikel lautete „Liebes Comeback“ und zeigte ihn im Bild mit seiner Frau Bettina am Auto.
Das geschah kurz nachdem Christian Wulff am 6. Mai 2015 selbst per Pressemitteilung bekannt gegeben hatte, dass er wieder mit seiner Frau Bettina zusammen lebe. Gegenstand der beiden Artikel war auch die eheliche Rollenverteilung im Hause Wulff.
Gegen die Veröffentlichung der beiden Fotos hatte Wulff zunächst erfolgreich am Landgericht Köln geklagt, das seiner Klage gegen den Verlag der „Neuen Post“ stattgab (Urteil v. 27. April 2016 – 28 O 379/15). Auch das OLG Köln gab Christian Wulff Recht und untersagte die Veröffentlichung der Fotos (Urteil v. 19. Januar 2017 – 15 U 88/16). Die Revision zum BGH hat das OLG Köln nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Bauer Verlags war jetzt aber, wie auch seine Revision erfolgreich.
Die beiden Fotos zeigten also Wulff nicht in seiner offiziellen Funktion, sondern beim privaten Einkauf, sie sind hier im Urteil des OLG Köln abgebildet.
Der BGH hat die beiden Urteile jetzt am 06.02.18 aufgehoben und die Klage abgewiesen (BGH VI ZR 76/17). Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, hierauf wird man – wie üblich – noch einige Zeit warten müssen.
Die Veröffentlichung der Fotos habe den Ex-Bundespräsidenten nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, weil die Bilder – so der BGH – dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen seien, § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.
Die beiden Vorinstanzen hätten bei ihren Urteilen nicht genügend die herausgehobene gesellschaftliche Stellung des Ex-Bundespräsidenten berücksichtigt, die auch nach dem Ende seiner Amtszeit nicht ohne weiteres ende. Zudem habe Wulff selber in der Vergangenheit des öfteren seine Sozialsphäre der Allgemeinheit geöffnet, indem er erst wenige Tage zuvor die Pressemitteilung herausgegeben hatte und auch schon zuvor mit der Berichterstattung über sein Ehe- und Familienleben einverstanden gewesen war. Die Fotos nähmen im übrigen Bezug auf den Text der Beiträge.
Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Wulffs hatte insofern hinter der Pressefreiheit des Verlages aus Art. 5 Abs. 1 GG zurückzutreten.
Die aktuelle Entscheidung des BGH zum Persönlichkeitsrecht zeigt exemplarisch zwei wichtige Gesichtspunkte: Die Selbstöffnung der Sozialsphäre von Prominenten ist immer noch ein wichtiges Kriterium. Hat man einmal in der Öffentlichkeit sein Privatleben preisgegeben, so kann man dies kaum wieder rückgängig machen. Und ähnlich wie im Falle der zulässigen Bildberichterstattung Corinna Schumacher am Krankenbett ihres Mannes Michael Schumacher, war auch hier der Gesichtspunkt relevant, dass das betroffene Bild nicht für sich alleine stand. Die Bilder dienten also als Beleg des Beitrages.
Dokumente:
Pressmitteilung des BGH Nr. 024/2018
Urteil des OLG Köln v. 19. Januar 2017 – 15 U 88/16
Urteil des LG Köln v. 27. April 2016 – 28 O 379/15