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Am 9. Dezember 2015 hat die Europäische Kommission (EU-Kommission) ihre Pläne für die Modernisierung des Urheberrechts in der Europäischen Union (EU) vorgelegt.

I. Konzept der EU-Kommission

Das Konzept der EU-Kommission beruht auf vier verschiedenen Säulen.

1. Zugang zu Inhalten innerhalb der EU

Zunächst soll die grenzüberschreitende Weiternutzbarkeit von Online-Inhalten (sog. Portabilität) geregelt werden.

Die Rechte für die Online-Nutzung werden von den Rechteinhabern i.d.R. territorial beschränkt vergeben. Streaming-Plattformen, die sich bei den Nutzern immer größerer Beliebtheit erfreuen, setzen daher technische Maßnahmen (z.B. IP-Sperren) ein, um sicherzustellen, dass nur Nutzer aus dem lizenzierten Land auf die Inhalte zugreifen können (sog. Geoblocking). Dies führt aber auch dazu, dass eine Nutzung des Heimatdienstes aus dem Ausland (z.B. im Urlaub) nicht möglich ist.

Die EU-Kommission will nun durch die vorgeschlagene Verordnung zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhalten im Binnenmarkt diese Beschränkungen beseitigen, indem die Plattformanbieter verpflichtet werden, ihren Nutzern den Zugriff auf Inhalten auch bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt in der EU zu ermöglichen.

Für das Frühjahr 2017 wurden zudem weitere Vorschläge angekündigt, wie etwa die Verbesserung der grenzüberschreitenden Online-Verbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen, die Vereinfachung der Erteilung von Lizenzen für den grenzüberschreitenden Zugang, die leichtere Veröffentlichung von vergriffenen Werken sowie die Förderung der Verbreitung von europäischen Kino-Filmen.

2. Urheberrechtsschranken

Weiterhin sollen die Urheberrechtsschranken, die eine Nutzung geschützter Werke auch ohne Genehmigung des Rechteinhabers erlauben, überarbeitet werden. Dies betrifft etwa Ausnahmen für Forschung durch Text- und Data-Mining, Bildung, Menschen mit Behinderung sowie Kunstwerke im öffentlichen Raum (sog. Panorama-Freiheit, siehe dazu auch unseren Kommentar).

3. Schaffung eines gerechten Markts

Die EU-Kommission will zudem überprüfen, ob die Urheber für die Online-Nutzung der von ihnen geschaffenen Werke angemessen vergütet werden. Daneben soll auch die Rolle von Nachrichten-Aggregationsdiensten untersucht sowie geprüft werden, ob Lösungen zur Stärkung der Rechtssicherheit, Transparenz und Ausgewogenheit des Systems zur Vergütung von Autoren und Künstlern erforderlich sind.

 4. Bekämpfung der Piraterie

Zuletzt will die EU-Kommission auch die Durchsetzung des Urheberrechts in der EU verbessern. Geplant ist etwa, die Finanzströme für Piraterie-Unternehmen auszutrocknen („follow the money“) und die Entfernung illegaler Inhalte bei Intermediären effizienter zu gestalten.

 II. Bewertung

Die EU-Kommission hat ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Modernisierung des Urheberrechts vorgelegt. Dies ist aufgrund der rasanten Entwicklung des Internets auch dringend erforderlich, da die letzte große Anpassung des Urheberrechts durch die Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG, InfoSoc-Richtlinie) bzw. die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004/48/EG, Enforcement-Richtlinie) in den Jahren 2001 bzw. 2004 stattgefunden hat.

Der Vorschlag zur Portabilität ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Durch Einführung des Euros und das Schengener Abkommen wurde die Mobilität innerhalb der EU erhöht, nun kann auch der Zugriff auf digitale Inhalte „mitgenommen“ werden. Anders als bei der bisher erfolgten Harmonisierung des Urheberrechts will die EU-Kommission die Portabilität in einer Verordnung regeln. Diese gilt nach ihrer Verabschiedung unmittelbar in der EU und muss anders als eine Richtlinie nicht erst durch die Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Zu beachten ist allerdings, dass die Regelung nur für Dienste gelten soll, denen ein Vertrag zugrundliegt, sodass der Zugriff auf die Angebote von Fernseh- und Radiosendern aus dem Ausland vorerst weiterhin eingeschränkt bleibt.

Konkrete Details zu den weiteren Themen wurden nicht genannt, man darf also gespannt sein, wie die EU-Kommission diese angehen wird.


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