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1. Die persönliche geistige Schöpfung

Was alles wird vom Urheberrecht geschützt? Das ist die entscheidende Frage, wenn es um den Werkbegriff und die Definition des Schutzgegenstandes des Urheberrechts geht.

Nach den § 1 und 2 UrhG werden vom deutschen Urheberrechtsgesetz Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst geschützt, soweit es sich um „persönliche, geistige Schöpfungen“ im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG handelt. In § 2 Abs. 1 UrhG zählt das Gesetz einen Katalog von Werkarten auf, denen eine solche Werkqualität in der Regel zugesprochen wird.

Die entscheidende Abgrenzung von geschützten zu ungeschützten Produktionen findet auf der Ebene der beiden Kriterien der persönlichen (unten b) und geistigen (unten c) Schöpfung (unten a) statt. Zudem wird seitens der Rechtsprechung auch noch gefordert, dass das Werk eine gewisse Gestaltungshöhe (unten b) hat und in einer konkreten Form (unten e) sinnlich wahrnehmbar gemacht wurde (vgl. hierzu: Bettinger, Der Werkbegriff im spanischen und deutschen Urheberrecht, S. 43 ff).

Anhand einer Vielzahl von Einzelentscheidungen wird von der Rechtsprechung und der Literatur der Werkbegriff kontinuierlich weiterentwickelt.

a) Schöpfung

Vom Urheberrechtsgesetz werden nur „Schöpfungen“ geschützt. Entscheidend ist hier, dass es sich um eine menschliche Schöpfung handeln muß (vgl. Schricker/Löwenheim, § 2 Rz. 11, und Bettinger, a.a.O., S. 44.). In der Natur aufgefundene „Kunstwerke“ sind somit ebenso wenig schutzfähig wie Produkte, die rein von Maschinen entworfen wurden, solange der menschliche Geist auf die Produktion keinen Einfluß genommen hat.

b) Individualität

Voraussetzung für den Schutz ist weiter, dass das Produkt vom individuellem Geist des Urhebers geprägt wurde (Vgl. Schricker/Löwenheim, § 2, Rz. 23.). An dieses Kriterium werden indes keine Überzogenen Ansprüche gestellt, es genügt in der Regel, wenn das Ergebnis der Arbeit eine eigenständige Leistung darstellt, die über die allgemeinen Regeln des Metiers hinausgeht. Die rein handwerkliche Leistung beinhaltet allerdings in der Regel keine Individualität, so dass etwa Anwaltsschriftsätze (vgl. BGH GRUR 1991, 529 f.) oder Bedienungsanleitungen (BGH GRUR 1993, 34 ff.) keinen Schutz genießen. Im Zusammenhang mit dem Kriterium der Individualität wird auch das Kriterium der Gestaltungshöhe gesehen (so Schricker/Löwenheim § 2 Rz. 32 und Bettinger, S. 48). In diesem Zusammenhang wurde der Schutz lange Zeit von der „kleinen“ und der „großen“ Münze des Urheberrechts abhängig gemacht. Urheberrechtlicher Schutz wurde nur dann gewährt, wenn die Gestaltung einen „höheren ästhetischen Grad aufwiesen (so etwa BGH GRUR 1979, 332). Im deutschen Recht setzt sich allerdings, nicht zuletzt durch die europäischen Vorgaben, eine Tendenz dazu durch, das Kriterium der Gestaltungshöhe großzügig zu bewerten (vgl. Bettinger, a.a.O. S. 53).

c) Geistiger Gehalt

Das Werk muß einen geistigen Gehalt aufweisen. Es muß über das „bloße sinnlich wahrnehmbare Substrat hinausgehen. Der menschliche Geist muß im Werk zum Ausdruck kommen (so Schricker/Löwenheim § 2, Rz. 18.) Daran fehlt es etwa bei den Ergebnissen rein mechanischer Tätigkeiten oder dem Ergebnis von Spielereien.

e) Form

Das Kriterium der Form setzt schließlich voraus, dass das Werk in seiner konkreten Gestalt der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich ist (Bettinger, a.a.O., S. 54). Ungestaltete oder nicht geäußerte Gedanken sind dagegen nicht schutzfähig. Eine Fixierung des Werkes ist zwar nicht erforderlich, zu Beweiszwecken aber sicherlich wünschenswert.

f) Form und Inhalt

Schwierige Fragen rechtlicher Art wirft stets die Unterscheidung zwischen Form und Inhalt auf. Die Frage wird in Deutschland seit mehr als 100 Jahren diskutiert (vgl. Bettinger, a.a.O., S. 56 f.). Es geht letztlich darum, ob nur der Ausdruck einer Idee in seiner konkreten Form geschützt ist, oder ob auch der Inhalt dieser Form, zumindest bis zu einem gewissen Grad, Schutzfähigkeit erlangen kann.

2. Einzelfälle

a. Schutz von Fernsehshowformaten

Die Unterscheidung zwischen dem Schutz der Form und dem Schutz des Inhaltes hat in der letzten Entscheidung des BGH zum Schutz von Sendeformaten wieder neue aktuelle Relevanz gefunden. Auch wenn der BGH zur eigentlichen Frage keine Stellung nehmen konnte, weil es in dem von ihm zu entscheidenden Fall schon an der Werkqualität mangelte, wird diese Frage die Gemüter weiter bewegen.

b. Schutz von Webdesign

Auch bei der Frage nach der Schutzfähigkeit von Webdesign steht der Werkbegriff im Vordergrund. Auch wenn Einigkeit darüber herrscht, dass Websites grundsätzlich Schutz genießen können (vgl. etwa Schricker/Löwenheim, § 2, Rz. 93, vgl. eingehend zu der Thematik auch Leistner/Bettinger, Creating Cyberspace, CR 1999, Sonderbeilage S. 1-32) wird in der Praxis der Schutz des Designs einer Seite häufig an der erforderlichen Gestaltungshöhe scheitern. In diesem Zusammenhang muß allerdings streng zwischen dem Design an sich und der Einarbeitung vorbestehender Gestaltungselemente unterscheiden werden, die (wie Logos und Bilder) für sich gesehen Schutz genießen können. Die meisten Designer werden schwerlich nachweisen können, dass sie bei der Gestaltung eines Web-Designs den Bereich der handwerklichen Durchschnittleistung überschritten haben. In diesem Zusammenhang kann freilich über die Anmeldung eines Gebrauchsmusters ein Schutz erreicht werden.


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