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Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat entschieden, dass der Inhaber eines Facebook-Accounts für über diesen getätigte persönlichkeitsrechtsrechtsverletzende Äußerungen verantwortlich ist, wenn er diesen nicht ausreichend vor dem Zugriff Dritter geschützt hat (Urt. v. 21.07.2016 – 16 U 233/15).

Sachverhalt

Gegenstand des Rechtsstreits waren abwertende Postings mit sexuellem Bezug, die unter dem Facebook-Account des Beklagten auf einer von dem Kläger eingerichteten Veranstaltungsseite bei Facebook veröffentlicht wurden. Der Kläger sah in diesen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung und klagte u.a. auf Zahlung einer Geldentschädigung.

Der Beklagte trug vor, dass die streitgegenständlichen Postings nicht von ihm verfasst worden seien. Er habe sich in seinem Facebook-Konto auch über Computer von Freunden und Bekannten eingeloggt. Dabei habe er nicht darauf geachtet, sich nach der Nutzung auch wieder auszuloggen oder ob die von ihm eingegebenen Zugangsdaten nicht möglicherweise automatisch durch den Browser gespeichert worden seien.

Das Landgericht (LG) Wiesbaden hatte die Klage abgewiesen, da keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliege (Urt. v. 14.10.2015 – 5 O 73/14). Die Frage, ob die Äußerungen von dem Beklagten oder einem Dritten stammten, könne daher offenbleiben.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt hat dem Kläger eine Geldentschädigung i.H.v. 3.000 € zugesprochen.

Die Postings stellten zumindest in ihrer Gesamtwirkung einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, der einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 und 2 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB analog, Art. 1 Abs.1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, § 185 StGB begründe.

Für die Frage, ob die Postings durch den Beklagten oder einen Dritten erstellt worden seien, hat es die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Haftung des Inhabers eines ebay-Mitgliedkontos bei Missbrauch durch einen Dritten herangezogen (Urt. v. 11.09.2009 – I ZR 114/06 – Halzband). Danach müsse sich der private Inhaber eines Mitgliedskontos bei eBay, der seine Zugangsdaten nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert habe, im Falle eines Missbrauchs so behandeln lassen, als habe er selbst gehandelt, wenn ein Dritter an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt sei und es zu Rechtsverletzungen benutzte, ohne dass der Kontoinhaber dies veranlasst oder geduldet habe.

Dem Facebook-Account komme eine mit einem ebay-Konto vergleichbare Identifizierungsfunktion zu, sodass es gerechtfertigt sei, den Inhaber im Wege einer unwiderlegbaren Vermutung so zu behandeln, als ob die Postings von ihm selbst stammten. Weiterhin bestünde in beiden Fällen die Gefahr eines Missbrauchs. Auch dass die BGH-Entscheidung zur Verletzung von Urheber- und Markenrechten sowie Wettbewerbsverstößen und nicht zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen ergangen sei, mache keinen Unterschied. Durch den sorglosen Umgang mit seinen Zugangsdaten habe der Beklagte seine auch in den Facebook-Nutzungsbedingungen niedergelegte Pflicht verletzt, das Nutzerkonto vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

Daneben lasse sich auch die Rechtsprechung des BGH zur Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses für über diesen begangene Rechtsverletzungen heranziehen (Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens, siehe dazu unseren Kommentar, Urt. v. 08.01.2014 – I ZR 169/12 – BearShare, siehe dazu unseren Kommentar, Urt. v. 11.06.2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III, siehe dazu unseren Kommentar). Auch hier bestehe eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, sofern dieser nicht ausreichend darlegen könne, dass zum Verletzungszeitpunkt andere Personen Zugang zum Internetanschluss gehabt hätten und als Täter der Rechtsverletzung in Frage kämen. Die von dem Beklagten dargestellte alleinige Möglichkeit, dass Dritte seinen Account genutzt haben könnten, reiche hierfür aber nicht aus.

Schließlich sei auch das für den Geldentschädigungsanspruch erforderliche Verschulden des Beklagten zu bejahen, er müsse zumindest damit rechnen, dass aufgrund des sorglosen Umgangs mit seinen Zugangsdaten Dritte seinen Facebook-Account verwenden könnten.

Bewertung

Die Entscheidung des OLG Frankfurt überzeugt. Wer seinen Account nicht ausreichend vor unberechtigtem Zugriff durch Dritte schützt, ist im Falle eines Missbrauchs verantwortlich. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Verletzung von Schutzrechten (z.B. Urheberrecht, Markenrecht) oder des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt.

Zu beachten ist allerdings, dass nach der Rechtsprechung des BGH für den Anspruch auf Geldentschädigung, anders als für den Unterlassungsanspruch, eine schwere Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts erforderlich ist (z.B. Urt. v. 21.04.2015 – VI ZR 245/14, siehe dazu unseren Kommentar). Ob eine solche schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei neben der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs auch Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens Bedeutung zukommt.

Im konkreten Fall hat sich die Schwere der Rechtsverletzung aus dem stark beleidigenden Inhalt der Äußerungen ergeben, allein der sorglose Umgang mit Zugangsdaten wäre hingegen noch nicht ausreichend gewesen.

Das OLG Frankfurt hatte sich bereits in einer früheren Entscheidung mit der Social-Media-Plattform Facebook zu befassen. Ein Nutzer, der den Beitrag eines anderen Nutzers „teilt“, identifiziere sich nicht auch zugleich mit dem Inhalt des Beitrags (Urt. v. 26.11.2015 – 16 U 64/15, siehe dazu unseren Kommentar).


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