Die Entscheidungsgründe zur den drei Filsharingentscheidungen des BGH „Tauschbörse I-III“ liegen seit dem 03. Dezember 2015 vor. Wir haben Sie für Sie analysiert und Ihre Auswirkungen auf die Verteidigung künftiger Filesharing Fälle besprochen (siehe unten IV.)
I. Videoblog:
II. Sachverhalt
In allen drei Fällen, über die der BGH am 11.06.2015 zu verhandeln hatte, war jeweils die von der Kanzlei Rasch vertretene Universal Music Klägerin. Sie hatte in allen drei Fällen die Anschlußinhaber auf Erstattung von Anwaltskosten und Zahlung von jeweils € 2.500,00 Schadensersatz für den Tausch eines Musikalbums verklagt. Allen drei Fällen lagen aber sehr unterschiedliche Sachverhalte zugrunde, die wir Ihnen hier ausführlich dargestellt haben.
III. Terminsbericht zu Verhandlung
Der BGH hat am 11.6.2015 unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Büscher drei Filesharing Fälle verhandelt (Az. /5/14 u.a.), in denen die Kanzlei Rasch gegen private Endverbraucher wegen illegalen Filesharings auf erhebliche Summen an Schadensersatz und Anwaltskostenerstattung geklagt hatte. Dabei haben die Vertreter der Abgemahnten ganz klar eine harte Niederlage erlitten.
Anders als in den beiden Verfahren „Morpheus“ und „Bearshare“, in denen Rasch den Verteidigern der Abgemahnten unterlegen war, sah es für die Vertreter der Musikindustrie diesmal besser aus, er hat alle drei Verfahren komplett gewonnen.
Die Argumente der Beklagtenvertreter ließ das höchste deutsche Zivilgericht nicht gelten. Alle drei Verfahren wurden vom BGH gemeinsam um zehn Uhr verhandelt.
Die jeweiligen Vertreter der Abgemahnten hatten diverse Argumente gegen die Abmahnungen vorgetragen, die allesamt in Filesharing Fällen eine wichtige Rolle spielen.
1. Verteidigungsargument Ermittlungstätigkeit der ProMedia fehlerhaft:
Zunächst war die Korrektheit der IP-Adressen-Ermittlungen bestritten worden, die Raschs eigene Ermittlungsfirma, die ProMedia, durchgeführt hatte, sieht der BGH als zuverlässig an. Er folgt damit den Urteilen des Landgerichts und des OLG Köln, die ebenfalls die ProMedia Ermittlungen als korrekt angesehen hatten. Der BGH sah keine Anhaltspunkte dies anders zu bewerten. Der BGH führt in seiner Pressemitteilung Nr. 92/2015 aus:
„Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, aufgrund der von den Klägerinnen bewiesenen Richtigkeit der Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders stehe fest, dass die Musiktitel über die den Beklagten zugeordneten Internetanschlüsse bereitgehalten worden sind. Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders auch Fehler vorkommen können, spricht nicht gegen die Beweiskraft des Ermittlungsergebnisses, wenn im Einzelfall keine konkreten Fehler dargelegt werden, die gegen deren Richtigkeit sprechen“.
Die Entscheidung überrascht in diesem Punkt allerdings nicht.
2. Verteidigungsargument Höhe des Schadensersatzes zu hoch:
In allen Verfahren hatten sich die Abgemahnten damit verteidigt, der Schadensersatz sei von den vorherigen Gerichten (Landgericht und Oberlandesgericht Köln) mit € 200,00 pro Musiktitel zu hoch bemessen. Für jeweils 15 Titel kamen so stattliche € 3.000,00 an Schadensersatz zusammen. Die Höhe eines angemessenen Schadensersatzes war seit Jahren höchst umstritten. Die Spannweite, die von den befassten Gerichten zugesprochen wurde, variierte von € 15,00 bis zu den besagten € 3.000,00 pro Album.
Der BGH hat nun in seinen drei Urteilen diese Maximalposition leider bestätigt. Er führt in der Pressemitteilung aus:
„Bei der Bemessung des Schadensersatzes in Form der Lizenzanalogie ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von einem Betrag von € 200,00 für jeden der insgesamt 15 in die Schadensberechnung einbezogenen.“
200 Euro pro Titel seien also angemessen, zumindest dann, wenn es sich um eine „überschaubare Anzahl“ von Titeln handele, seien also wie hier 15 MP3s getauscht worden, so seien € 3.000,00 an Gesamtschadensersatz nicht zu beanstanden. Dieser Teil des Urteils dürfte für die Abgemahnten die eigentliche Katastrophe sein, denn er könnte dazu führen, dass zahlreiche Abmahnkanzleien jetzt drastisch an der „Preisschraube“ nach oben drehen dürften. Das könnte dann auch dem aktuell etwas nachlassenden „Abmahnwahn“ in Deutschland zu neuem Schwung verhelfen. Korrigieren kann diese bedauerliche Entscheidung des BGH jetzt eigentlich nur noch der Gesetzgeber.
3. Verteidigungsargument Höhe der Abmahnkosten zu hoch:
Auch die Kosten der abmahnenden Rechtsanwälte Rasch seien zu hoch, so die Beklagtenvertreter unisono. Die Kanzlei Rasch hatte Anwaltskosten in Höhe von € 900,00 bis zu € 2.300,00 von den Vorinstanzen zugesprochen bekommen. Auch dies war seit Jahren höchst umstritten. Der BGH sieht auch diese Position als gerechtfertigt an. Das Urteil dürfte aber in der Praxis zumindest an dieser Stelle kaum Auswirkungen haben, da der Gesetzgeber die Abmahnkosten mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken auf etwa € 150,00 gedeckelt hat. Das BGH Urteil betrifft also „nur“ Altfälle.
4. Verteidigungsargument Aufsichtspflicht erfüllt:
Im Fall I ZR 7/14 war streitig, ob die dortige Beklagte ihre Aufsichtspflicht über die damals 14 jährige Tochter erfüllt habe. Es war nach der Beweisaufnahme unklar, ob die Tochter ordnungsgemäß belehrt worden war. Dies ging nach Auffassung des BGH anhand der unklaren Beweisaufnahme zu Lasten der Mutter. Sie haftet damit nach § 832 BGB. Das Urteil ist in diesem Punkt wenig überraschend und folgt der ständigen Rechtsprechung. Die Belehrungspflicht von minderjährigen Kindern hatte der BGH schon mit dem Morpheus Urteil als notwendig erachtet, damit Eltern nicht für illegale Downloads haftbar gemacht werden können. Der BGH hat ausgeführt:
„Der Umstand, dass die Beklagte für ihre Kinder Regeln zu einem „ordentlichen Verhalten“ aufgestellt haben mag, reicht insoweit nicht aus.“
5. Verteidigungsargument tatsächliche Vermutung erschüttert und sekundäre Darlegungslast erfüllt:
Auch das in zwei Verfahren vorgetragene Argument, die tatsächliche Vermutung, die für die Täterschaft eines Anschlussinhabers spricht, sei durch den jeweiligen Sachvortrag erschüttert, und in jedem Fall habe der jeweilige Anschlussinhaber seine sekundäre Darlegungslast erfüllt, ließ das Gericht nicht gelten.
Im Fall I ZR 75/14, in dem der Anschlussinhaber behauptet hatte, er sei mit seiner Familie in Mallorca gewesen, war schon der Sachvortrag des Beklagten nicht nachvollziehbar. Die Zeugeneinvernahme vor dem OLG Köln hatte erhebliche Zweifel an dieser Behauptung der Beklagten ergeben, die das OLG Köln detailliert begründet hat. Der BGH folgt dieser Begründung des OLG mit nachvollziehbaren Gründen, weil schon das OLG Köln den Zeugen nicht geglaubt hatte. Er hat geurteilt, dass deshalb schon die tatsächliche Vermutung nicht erschüttert sei.
Ähnlich lag es auch im Fall I ZR 19/14: Hier hatte der Anschlussinhaber, ein Familienvater, behauptet, sein Sohn habe keinen Zugang zu seinem Rechner und zu seinem Internet gehabt, die Frau habe zwar Zugang zum Rechner, besitze aber das Admin Passwort nicht, so dass sie keine Tauschbörsensoftware hätte installieren können. Damit blieb kein alternativer Geschehensablauf übrig. Auch hier ist die Entscheidung des BGH letztlich stringent in Bezug auf die Kriterien, die in der „Bearshare“ Entscheidung aufgestellt wurden.
6. Verteidigungsargument „nur kleine Teile der Songs getauscht“:
Das Argument eines Abgemahnten, er habe (wenn überhaupt) nur kleine Teile der Tonaufnahmen in der Tauschbörse getauscht, ließ der BGH erwartungsgemäß nicht gelten. Es reiche nach der Rechtsprechung des Senats, dass kleine Werkteile vervielfältigt worden seien.
7. Verteidigungsargument „Ansprüche verjährt“:
In einem der Fälle hatte sich der Abgemahnte damit verteidigt, die Ansprüche seien in seinem Fall verjährt, weil Rasch erst nach drei Jahren geklagt hatte. Die Ergebnisse der damaligen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen lagen, Ende Dezember 2007, also wenige Tage vor Jahresende 2007 allerdings nur bei der Staatsanwaltschaft vor. Damit so der BGH wohl zutreffend, hätten aber die Rechteinhaber im Jahr 2007 noch keine Kenntnis gehabt, denn innerhalb weniger Tage sei es ihnen nicht zumutbar gewesen, bei der Staatsanwaltschaft nachzufragen. Was aber im Sinne der Abgemahnten weit wichtiger ist: Der BGH hat damit auch die hier stets vertretene Auffassung bestätigt, dass die Ansprüche der Abmahner generell nach drei Jahren verjähren. Immerhin dies darf man aus Sicht der Abgemahnten als zumindest kleinen „Lichtblick“ bewerten.
IV. Die Urteilsgründe des BGH in den Entscheidungen „Tauschbörse I-III“
Seit dem 03.12.2015 liegen nun auch die Urteilsbegründungen in schriftlicher Form vor. Der BGH hat seinen drei neuen Entscheidungen diesmal nicht so klangvolle Namen wie „Sommer unseres Lebens„, „Bearshare“ oder den Gott der Träuem „Morpheus“ gegeben, sondern sie schlicht „Tauschbörse I bis III benannt. In jedem Fall setzen die drei Entscheidungen neue Maßstäbe für die Verteidigung von Filesharing Fällen, das Rechtsgebiet haben sie aber sicherlich nicht revolutioniert, so dass vermutlich mehr beim Alten bleiben dürfte als man dachte. Denn viele wichtige Fragen haben auch die drei neuen Entscheidungen offen gelassen.
1. BGH I ZR 75/14 „Tauschbörse III“
Dogmatisch am interessantesten dürfte die Begründung der Entscheidung I ZR 75/14 Tauschbörse III sein, weshalb wir sie hier auch voran stellen wollen:
a. Richtigkeit der Ermittlungen der ProMedia
Der erste wichtige Punkt betraf die Rüge des Beklagten, die von der ProMedia vorgelegten Ermittlungsergebnisse seien fehlerhaft. Das Landgericht hatte dazu einen Ermittler von Raschs Ermittlungsfirma ProMedia gehört und dessen Angaben im Rahmen seiner Beweiswürdigung als glaubhaft erachtet.
Die dagegen erhobenen Rügen des Beklagte sieht der BGH als gegenstandslos an. Er zieht sich hier darauf zurück, dass die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Solange sich die Beweiswürdigung des Tatrichters also umfassend und in sich widerspruchsfrei mit den Beweisergebnissen auseinandersetzt kann sie nicht mit Erfolg angegriffen werden (BGH, a.a.O., Rz. 20 ff). Hieran scheiterten die Angriffe der Revision, die keine echten „groben Schnitzer“ des Tatrichters präsentieren konnte, so dass die Bewertung von Rasch Ermittlungsergebnissen schon unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden war.
Facit: Der BGH stellt der ProMedia keinen „Persilschein“ aus: Werden deren Ermittlungsergebnisse in künftigen Prozessen substantiiert bestritten, so muss auch künftig das jeweilige Gericht Beweis darüber erheben.
b. Sachvortrag: Der Beklagte sei nebst Familie auf Mallorca gewesen, habe Router und alle Geräte vom Strom getrennt
Das OLG Köln hatte als Berufungsgericht dem Sachvortrag des Beklagten, er sei nebst seiner gesamten Familie während des Tatzeitpunkts in Mallorca am Urlauben gewesen und habe alle Geräte nebst Router vom Strom getrennt deshalb keinen Glauben geschenkt, weil es offenbar eklatante Widersprüche im Vortrag gegeben hatte, sich Zeugen nicht an den Urlaubsort erinnern konnten, Erinnerungslücken hatten und in sich widersprüchlich waren. Zudem war der Vortrag erstinstanzlich offenbar geändert worden, nachdem der Beklagte zunächst nur die Richtigkeit der Ermittlungen bestritten hatte. Auch diese Beweiswürdigung des OLG Köln, die im Urteil in der Tat sehr stimmig wirkt, konnte die Revision nicht mit Erfolg angreifen.
c. Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast, Rz. 37 ff.
In der Rz. 37 des Urteils beschäftigt sich der BGH mit der tatsächlichen Vermutung und der sekundären Darlegungslast. Hier hält sich der BGH an das altbekannte Muster:
aa. Die Klägerinnen trifft nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast. Sie müssen deshalb darlegen und beweisen, dass der Beklagte für die von Ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich war.
bb. Tatsächliche Vermutung
„Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewußt anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.
Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen, als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.“
Mit diesem hier wörtlich zitierten Absatz stellt der BGH sehr deutlich klar, dass im Rahmen der Beweislastverteilung nicht zwischen der tatsächlichen Vermutung und der sekundären Darlegungslast unterschieden werden darf. Denn an die tatsächliche Vermutung schließt sich, wenn sie einmal durch den Sachvortrag des Beklagten widerlegt ist, nahtlos die sekundäre Darlegungslast an, die aber eben gerade nicht zu einer Umkehr der Beweislast führt.
Der Beklagte verlor in dem Fall Filesharing III also konsequent schon deshalb, weil er nicht vorgetragen hat, dass zum Tatzeitpunkt auch andere Personen Zugriff auf sein Internet hatten und als Täter in Betracht kamen. (vgl. Rz. 38 des Urteils).
Fälle dieser Art, die im Gerichtsbezirk des Landgericht München I gerne als „heiliger Geist Fall“ bezeichnet werden, können letztlich nur verloren werden, weil es nach ihnen „technisch unmöglich“ wäre, dass irgendjemand die Rechtsverletzung begangen haben könnte (BGH, a.a.O. Rz. 39).
Der BGH stellt deshalb auch noch einmal konsequent klar, dass es in Bezug auf die Erschütterung der tatsächlichen Vermutung darauf ankommt,
„dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Famlienangehörigen Allgemeinen sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt.“ (BGH, a.a.O., Rz. 39).
Von allgemeinem Interesse sind schließlich die Ausführungen des BGH zur Nachforschungspflicht eines Anschlussinhabers, die sich in der Rz. 42 finden:
Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses in Hinblick auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen den Anschluss nutzen konnten, eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die Behauptung der bloss theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritte auf seinen Internetanschluss nicht gerecht.
Neu ist im Urteil Tauschbörse III die Konkretisierung der Nachforschungspflicht, die weiterhin unter dem Vorbehalt des Zumutbaren steht, aber doch eben zur Mitteilung der Ergebnisse verpflichtet. Neu ist auch die Konkretisierung, dass es für die Erschütterung der tatsächlichen Vermutung auf die Situation genau zum Tatzeitpunkt und nicht nur auf theoretische Zugriffsmöglichkeiten ankommt.
Facit: Der Zusammenhang von tatsächlicher Vermutung und sekundärer Darlegungslast gewinnt nach der Entscheidung Filesharing III an dogmatischer Klarheit. Beide werden im selben Absatz auch nach der selben Beweislastverteilung behandelt, es wird also klar, dass für beide keine Beweislastumkehr gilt. Auch die Aufklärungspflichten eines Anschlussinhabers werden präzisiert, sind aber nichts neues: Denn auch schon bisher musste der Anschlussinhaber nach hM mitteilen, was seine Nachtataufklärung ergeben hatte.
d. Höhe des Schadensersatzes
Bitte für die Masse der Abgemahnten ist die Tatsache, dass der BGH die tatrichterliche Schadensschätzung nicht genauer unter die Lupe nimmt. Das OLG Köln hatte mit € 200,00 pro Titel eine stattliche Summe von € 2.500,00 Schadensersatz für den Tausch eines Albums geschätzt. Der BGH billigt dem Tatrichter bei der Bemessung des Schadensersatzes nach § 287 ZPO einen großen Spielraum zu, nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalles.
„Die tatrichterliche Schadensschätzung unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Überprüfbar ist lediglich, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensschätzung verkannt, wesentliche Bewertungsfaktoren ausser Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.“ (BGH, a.a.O., Rz. 51).