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BGH verneint die Haftung von Eltern für ihre Kinder BGH I ZR 74/12 – „Morpheus“

Mit Urteil vom 15.11.2012 (BGH I ZR 74/12) hat der 1. Zivilsenat des BGH die Haftung von Eltern für illegale Musikdownloads ihrer Kinder abgelehnt, sofern die Eltern ihre Kinder zuvor über das Verbot an einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben.

Die Frage, ob und wann Eltern eine Einstandspflicht für ihre Kinder trifft, war lange Zeit von den Gerichten sehr unterschiedlich beurteilt worden. Den Meinungsstand dazu können Sie hier noch einmal nachlesen. Mehr >

Die Abmahnung gegen die im Fall des BGH-Urteils beklagten Eltern war für die Tonträgerhersteller EMI, Universal Music und Sony im Jahr 2007 von der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte ausgesprochen worden und hat seither die Gerichte beschäftigt. Rasch hatte von den Eltern für seine Mandanten zunächst eine pauschale Abgeltungssumme von Euro 3.000,00 verlangt. Der für die Downloads verantwortliche Sohn der Familie war zum Tatzeitpunkt aber gerade erst 13 Jahre alt gewesen. Er hatte am 28.1.2007, unbeaufsichtigt von seinen Eltern, 1.147 Musikdateien mit Hilfe der Programme Bearshare und Morpheus in Tauschbörsen verfügbar gemacht. Die Eltern konnten allerdings nachweisen, dass sie ihren Sohn zum einen ordentlich belehrt und zum anderen auch erhebliche Schutzmassnahmen vorgenommen hatten. So hatten sie auf dem PC ihres Sohnes eine Windows XP Firewall installiert und zusätzlich ein Security Programm, mit dem die Installation neuer Programme wie Filesharingsoftware hätte verhindert werden können. Der computerbegabte Sohn hatte diese Vorkehrungen aber geschickt umgangen.

Die vorangegangenen Instanzen, das Landgericht Köln (mit Urteil vom 30.3.2011, Az. 28 O 716/10) sowie das OLG Köln (mit Urteil vom 23.3.2012, Az. 6 U 67/11, MMR 2012, 387) hatten eine weite Haftung der Eltern als Anschlussinhaber bejaht und sich dabei auf ihre ständige Rechtsprechung berufen. Die Kontrollmaßnahmen der Eltern seien im Endeffekt nicht ausreichend gewesen. Im Klageverfahren hatte Rasch seine Forderungen auf über Euro 5.000,00 erhöht. Die Vorinstanzen hatten die Eltern wie beantragt auf Schadensersatz in Höhe von Euro 3.000,00 und die Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von Euro 2.230,00 verurteilt.

Der BGH hat mit einem spektakulären Urteil diese bisherige Rechtsprechung des OLG Köln (und anderer Gerichte) aufgehoben und damit ein begrüßenswertes Urteil im Sinne der Eltern und ihrer Aufsichtspflichten gesprochen.

Ausgangspunkt der Überlegungen des BGH war nach den Worten seines Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Joachim Bornkamm bei der Urteilsbegründung die Tatsache, dass Jugendlichen heute im Rahmen ihrer Erziehung von ihren Eltern der Zugriff auf das Internet ermöglicht werden müsse. Die Eltern müssten ihre Kinder zwar über die Gefahren des Internets belehren, seien aber nicht gehalten, ihren Kindern anlasslos zu mißtrauen und sie bei der Nutzung des Internets zu überwachen. Anderes gelte nur, sofern es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Zugang zum Internet etwa für Urheberrechtsverletzungen mißbraucht worden sein könnte. Nach einer ersten Abmahnung wandele sich die Belehrungspflicht in eine Pflicht zur Kontrolle (vgl. Pressemitteilung des BGH Nr. 193/2012 vom 15. November 2012).

Die schriftliche Urteilsbegründung haben wir hier im Volltext hinterlegt. Mehr >

München / Karlsruhe, 15. November 2012


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