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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (Urt. v. 10.07.2015 – V ZR 206/14), dass der Ghostwriter des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl die Tonbänder, auf denen mit Dr. Kohl geführte Gespräche aufgezeichnet wurden, herauszugeben hat. Dies geht aus einer Pressemitteilung des BGH hervor.

Im Zuge der Arbeit an den Memoiren Dr. Kohls, bei denen Dr. Heribert Schwan als Ghostwriter fungieren sollte, wurden die zwischen beiden in den Jahren 2001 und 2002 geführten Gespräche auf Tonband aufgezeichnet. Die Aufnahmen sollten als Grundlage für die Erstellung des Buches durch Dr. Schwan dienen. In den Gesprächen äußert sich Dr. Kohl zu seinem Leben und Werdegang sowie seinen politischen Ämtern. Die Aufzeichnung erfolgte mit Einverständnis Dr. Kohls auf einem von Dr. Schwan zur Verfügung gestellten Aufnahmegerät und belief sich auf etwa 630 Stunden.

Nach Beendigung der Zusammenarbeit verlangte Dr. Kohl die Herausgabe der Tonbänder, was von Dr. Schwan verweigert wurde.

Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Köln als Vorinstanz hatte Dr. Schwan zur Herausgabe der Tonbänder verpflichtet (Urt. v. 01.08.2014 – 6 U 20/14 – Ghostwriter-Tonbänder). Dr. Helmut Kohl sei durch Verarbeitung nach § 950 Abs. 1 BGB Eigentümer der Tonbänder geworden, da die Herstellung in seinem Namen und wirtschaftlichen Interesse erfolgte. Er könne daher nach § 985 BGB die Tonbänder von Dr. Schwan herausverlangen.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision hat der BGH nun zurückgewiesen. Dr. Kohl sei zwar anders als vom OLG Köln angenommen, nicht durch Verarbeitung Eigentümer der Tonbänder geworden. Die Parteien hätten neben den Verlagsverträgen über die Erstellung der Memoiren jedoch auch eine konkludente Vereinbarung hinsichtlich der von Dr. Kohl zur Verfügung gestellten Materialien geschlossen, wobei es sich um ein auftragsähnliches Rechtsverhältnis handle. Dr. Kohl sei als Auftraggeber anzusehen, der nach § 667 BGB von dem Auftragnehmer alles zur Ausführung des Auftrags Erhaltene und aus der Durchführung der Geschäftsbesorgung Erlangte herausfordern könnte. Dies beträfe nicht nur die zur Verfügung gestellten Dokumente, sondern auch die von Dr. Schwan aufgezeichneten Gespräche. Auf das Eigentum an den Tonbändern komme es hingegen nicht an. Der Auftragnehmer solle aus der Ausführung des Auftrags keine Vorteile erhalten, die dem Auftraggeber zustünden. Selbst wenn Dr. Schwan Eigentümer der Tonbänder geworden sei, habe er dieses an Dr. Kohl zu übertragen.

Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen. Die Aufnahmen der Gespräche, die auch persönliche Details enthielten, wurden allein zur Erstellung der Memoiren Dr. Kohls angefertigt. Nach Beendigung der Zusammenarbeit ist dieser Zweck und damit auch ein schützenswertes Interesse Dr. Schwans, die Tonbänder weiterhin behalten zu dürfen, entfallen.

In einem weiteren zwischen Dr. Kohl und Dr. Schwan geführten Rechtsstreit ging es um die Verwendung von aus den Tonbandaufzeichnungen entnommenen Zitaten des Altkanzlers in dem von Dr. Schwan und einem Co-Autor nach Beendigung der Zusammenarbeit veröffentlichten Buch „Vermächtnis – Die Kohl Protokolle“. Auch hier konnte sich Dr. Kohl durchsetzen, das OLG Köln hat zuletzt durch einstweilige Verfügung entschieden, dass eine Verwendung der Zitate nicht zulässig sei (vgl. hierzu unseren Kommentar).


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