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LG Hamburg 308 O 710/09 vom 8.10.2010 zur Schadensersatzberechnung bei zum Download angebotenen Musikdateien: 15,00 Euro pro Musikstück

Der Fall den das Landgericht Hamburg zu entscheiden hatte betraf eine Klage der Rasch Rechtsanwälte. Das Urteil steht im krassen Gegensatz zur Kölner Rechtsprechung, wo Rasch regelmäßig die eingeklagen Beträge zugesprochen erhält. In Hamburg hat Rasch bei gleichem Sachverhalt eine herbe Niederlage erlitten. Insbesondere hielt das Landgericht Hamburg die damalige Abmahnung von Rasch für überwiegend unwirksam, weil Rasch in seinen Abmahnungen sich nicht auf die konkret abgemahnten Werke bezog.

I.

Zur Berechnung des Schadensersatzes bei widerrechtlich öffentlich zugänglich gemachten Musikstücken hat das LG Hamburg auf die Aktualität der Werke, die Nachfrage und den Zeitraum, in dem diese öffentlich zugänglich gemacht waren, und somit auf die konkrete Nutzung der Musikstücke durch den Beklagten abgestellt und entgegen der von den Klägern geforderten 300,00 Euro je Musikstück den Klägern lediglich 15,00 Euro Schadensersatz pro Werk zugesprochen.
Bei den streitgegenständlichen Musikwerken handelte es sich um das zwölf Jahre alte Lied „Engel“ von der Gruppe Rammstein und das 18 Jahre alte Lied Dreh dich nicht um von dem Künstler Westernhagen.

Diese Titel wurden von dem Beklagten zu 2) im Jahr 2006 über den Internetanschluss des Beklagten zu 1) zum Tausch angeboten.

Dadurch verletzte der Beklagte zu 2) das Urheberrecht der Klägerinnen schuldhaft und rechtswidrig. Jedoch hielt das Gericht die Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 300,00 Euro pro Aufnahme für unangemessen.

Der Schadensersatz ist im Wege der Lizenzanalogie danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages als angemessene Lizenzgebühr für die Nutzung der Musikaufnahmen vereinbart hätten. Daher beschäftigte sich das Landgericht mit verschiedenen Tarifen, die zur Berechnung herangezogen werden können, jedoch im konkreten Fall nicht unmittelbar anwendbar waren.

Das LG Hamburg stellte fest, dass der von den Klägern zur Anknüpfung für eine Schätzung herangezogene GEMA Tarif VR W I, der die Vergütung für die Zugänglichmachung im Wege des Streamings regelt, zwar an sich Sachverhalte erfasst, die nicht an die Zahl der tatsächlich Aufrufe anknüpfen, weil dieser Tarif eine Mindestvergütung von 100 Euro für bis zu 10.000 Zugriffe vorsieht, jedoch in Anbetracht der Downloadmöglichkeit der Musikstücke im konkreten Fall einer Anpassung bedürfte.

Die von den Klägerinnen geforderte Erhöhung im Wege einer Verdreifachung des Betrages auf 300,00 Euro aufgrund der Möglichkeit des Downloads wird der Vorschlag der Schiedsstelle des DPMA entgegengehalten, der ein Streaming im Vergleich zu einem Download mit 2/3 an Wert ansetzt, und zu 150,00 Euro Schadensersatz pro Musikstück führte.

Das Gericht hielt eine Schätzung anhand dieses Tarifes allerdings vor allem anhand der konkreten Nutzung durch den Beklagten für überzogen.

Das Gericht befand, dass sich, gerade aufgrund des Alters der Musikwerke, deren Aktualität, der begrenzten Nachfrage und des Zeitraumes der öffentlichen Zugänglichmachung, ein vernünftiger Nutzer nicht auf eine solche Mindestlizenz von 300,00 Euro eingelassen hätte, sondern vielmehr auf eine am Ertrag orientierten Vergütung.

Dieser Einwand ist dem Beklagten zu 2. im Rahmen der Schadensbemessung nach der Lizenzanalogie nicht verwehrt. Denn nur weil kein anderer Tarif vorhanden ist, der sich ohne Kenntnis von der konkreten Zahl der Aufrufe gut bei der Schadensbemessung verwerten lässt, muss man sich nicht auf einen Tarif verweisen lassen, mit dem sich gut rechnen lässt. (LG Hamburg, Az. 308 O 710/09).

Das Gericht schätzte den Zeitraum der öffentlichen Zugänglichmachung mangels klägerischen Vortrages auf einen sehr begrenzten Zeitraum und ging von einem Zugriff von 100 Downloads pro Musikstück aus.

Bei der Berechnung orientierte sich das LG Hamburg zum einen an dem GEMA-Tarif VR-OD 5 (Nutzung von Werken im Wege des music on demand zum privaten Gebrauch), der 2006 eine Vergütung von 0,175 Euro je Download vorsah (17,50 Euro), sowie zum anderen am Einigungsvorschlag der DPMA-Schiedsstelle (05.05.2010, Bitcom/GEMA), welcher eine Mindestvergütung von 0,091 Euro pro Download (9,10 Euro) annahm, und mittelte den Schaden pro Musikstück auf 15,00 Euro.

II.

Eine Schadensersatzhaftung des Beklagten zu 1), der dem Beklagten zu 2) lediglich unter Verletzung seiner Prüfpflichten den Internetanschluss zur Verfügung stellte und daher Störer, und nicht Täter oder Teilnehmer war, lehnte das LG Hamburg ab.

III.

Auch hatte der Anspruch der Kläger auf Abmahnkosten keinen Erfolg, da diese die Sachbefugnis in den Abmahnungen zu pauschal behauptet hatten und darin keine Zuordnung der jeweiligen Audiodateien zu den Urheberrechtsinhabern erfolgte.

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