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München/Köln 27.09.2013

OLG Köln 6 U 10/13 vom 2.8.13 zur sekundären Beweislast

Umkehr von der bisherigen Rechtsprechung?

Leitsätze:

Die sekundäre Beweislast erfüllt der Anschlussinhaber jedenfalls nicht mit dem vagen Hinweis darauf, dass die Ehefrau zum Tatzeitpunkt selbständig auf den Internet-Anschluss zugreifen konnte.

Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung setzt hinsichtlich aller fraglichen Tatzeitpunkte konkreten Sachvortrag voraus, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein der Ehepartner und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat.

1. Zur Bewertung der sekundären Darlegungslast im konkreten Fall:

Das Urteil des OLG Köln vom 02.08.2013 wird von den Abmahnkanzleien vielfach als Abkehr von der Rechtsprechung des Senats v. 16. Mai .2012 – 6 U 239/11 gedeutet. Dieser Schluss dürfte indes nicht vollständig zutreffend sein. Im hier vom OLG Köln entschiedenen Fall bestand die Besonderheit, dass der Vortrag des Beklagten zu vage geblieben war. Der Beklagte hatte zum konkreten Internet-Nutzungsverhalten der Familienmitglieder in seinem Hause nur Andeutungen gemacht. Damit hat er aber nach Auffassung des OLG Köln seine sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt. Das Gericht hält fest, dass nur bei konkretem Sachvortrag zum tatsächlichen Nutzungsverhalten des Ehepartners (und der Kinder), der so präzise ist, dass diese als Alleintäter in Betracht kommen, die sekundäre Darlegungslast erfüllt ist.

Es muss also sehr genau zum häuslichen Nutzungsverhalten aller Haushaltsmitglieder vorgetragen werden. In der vorangegangenen Entscheidung vom 16. Mai 2012 hatte das Gericht noch geurteilt, dass mit der sekundären Darlegungslast keine Umkehr der Beweislast verbunden sei. Hierfür, so hieß es noch in diesem Urteil „müsse es regelmäßig genügen, wenn Hausgenossen auf den Internetanschluss selbständig zugreifen können“. Allerdings war im Falle der Entscheidung vom 16. Mai .2012 ein genauer und konkreter Sachvortrag des Beklagten vorhanden, aus dem sich ergab, dass der PC vom (verstorbenen) Ehemann der Beklagten eingerichtet und das Internet auch nur vorwiegend von diesem genutzt worden war. Sie selbst, also die dortige Beklagte, habe sich für das Internet nicht interessiert sondern nur auf dem PC Bewerbungen geschrieben. Der Sachvortrag war hier also „anschaulich und detailreich“, deshalb war dort die sekundäre Darlegungslast als erfüllt anzusehen.

Deutlich geringere Anforderungen an den Beklagtenvortrag im Hinblick auf die sekundäre Beweislast werde allerdings im Beschluss des OLG Köln v. 28. Mai 2013 gefordert (OLG Köln v. 28. Mai 2013, 6 W 60/13, openJur 2013, 28710). Auch hier hatte die Beklagte lediglich dargelegt, dass neben ihr zwei Kinder in ihrer Wohnung Zugang zum Internet und einen eigenen Rechner besaßen. Auch hier hatten die Kinder die Rechtsverletzung bestritten. Der Senat sah hier die sekundäre Beweislast als erfüllt an, obwohl keine konkreten Angaben dazu gemacht wurden, ob die Kinder zum fraglichen Zeitpunkt das Internet auch genutzt hatten.

Vergleicht man also die vom OLG Köln beurteilten Fälle, dann kann man im Ergebnis feststellen, dass die neue Entscheidung letztlich keine wirkliche Kehrtwendung in der Rechtsprechung des OLG Köln darstellt, wenn man einmal von dem eher kurz gehaltenen Beschluß 6 W 60/13 absieht. Die Beklagten bleiben vom Gericht aufgefordert, genau und präzise darzulegen, weshalb nicht sie sondern nur andere als Alleintäter in Frage kommen.

2. Zur Bemessung von Schadensersatz und Gegenstandswert (also den erstattungsfähigen Anwaltskosten):

Das Gericht bleibt seiner Linie treu, dass der abmahnenden Klägerin in (vergleichsweise) ungewöhnlich hohem Maße Schadensersatzansprüche und erstattungsfähige Anwaltskosten zugebilligt werden. Bei hier streitgegenständlichen 430 Musiktiteln hält das OLG Köln einen Gegenstandswert der Abmahnung von immerhin Euro 400.000,00 gegenüber einem Verbraucher für angemessen. Die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten bei einer 1,3 Gebühr betragen somit aus Sicht des OLG Köln stolze Euro 3.434,00. Zudem hält das OLG Köln einen Schadensersatzanspruch von Euro 200,00 pro Musiktitel (also mp3) für angemessen. Auch damit liegt die Kölner Rechtsprechung weit über dem Durchschnitt.

Den Volltext des Urteils finden Sie hier >


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